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Gattungsbegriff oder Geschlechtsangabe?

Vermeintliche Sprachdifferenzierung nach männlich/weiblich

Was unsere von Gleichberechtigungswahn getriebenen Sprachakrobaten partout nicht begreifen wollen, ist, daß viele Aussagen, die getrof fen werden, Gattungsbegriffe und keine Ge schlechtsangaben adressieren. Wenn von „Wählern“ gesprochen wird, dann geht es hier um eine Spezies von Mensch, die eine Wählerstimme zu vergeben hat; ob diese Spezies mit Schlips und Sakko ins Wahllo kal tritt oder im Kostüm, ist in diesem Zu sammenhang belanglos.
Gleiches gilt, wenn man sagt, man geht zum Arzt oder man schaltet einen Rechts anwalt ein. Gemeint ist hier, daß man je manden, der sich in seinem Heilberuf oder in der Rechtsberatung auskennt, aufsucht. Dem widerspricht nicht, daß wir für viele Substantive die männliche und weibliche Form kennen. Man geht zum Arzt, aber wenn die konkrete Person, um die es sich handelt, feststeht, dann ist es eben ein be stimmter Arzt oder eine bestimmte Ärztin. Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: Die Sprache ist ein Spiegel des Geistes. Dieser Spiegel ist bei uns im Lande ziemlich blind – zusammen mit der unsäglichen Recht schreibreform mutiert die Entwicklung in der Tat schon zu einer Intelligenzbremse mit allen negativen Folgen. Zugleich ist die vermeintliche Sprachdifferenzierung nach männlich/weiblich in Wahrheit eine von gei stiger Armut geprägte Ausweichreaktion; ihre Protagonisten erkennen nicht, daß sie die Sprache der Möglichkeit berauben, auf der Ebene von Gattungsbegriffen mit ei nem höheren Abstraktionsgrad zu formulie ren.

Professor Dr. Gerhard Güttler, Königstein, F.A.Z. am 22. Juni 2005

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