Studenten statt Studierende

Student ist unmittelbar abgeleitet vom lateinischen studere (streben nach, sich bemühen um, auf etwas aus sein). An Universitäten strebt man nach Erkenntnis, und zwar auf wissenschaftliche Weise. Wer dies tut, heißt Student. Grammatikalisch hat sich dieses Substantiv aus dem lateinischen Partizip Präsens studens, im Plural studentes entwickelt: „Fratres  studentes“ hießen die jüngeren Mönchsbrüder bei den Dominikanern und Franciskanern. Dazu das Grimmsche Wörterbuch, Stichwort Student. Student ist zum eigenständigen Substantiv geworden.

Nahezu jeder Hochschul-Funktionär benutzt indes das politisch korrekte „Studierende“ – ohne auch nur kurz nachzudenken, welcher Blödsinn damit verbunden ist. Funktionären geht es nicht mehr um die Tätigkeit des Strebens (nach Erkenntnis und Bildung). Ihnen geht es (nur) um den Status. Nur drückt das Wort „Studierender“ gerade keinen Status aus (das ist das Eingeschriebensein, der Immatrikuliertenstatus) – sondern die Tätigkeit im Partizip Präsens. Weil genus und sexus nicht auseinandergehalten werden können (weswegen der Student nicht für beide Geschlechter reichen soll) und die Doppelung „Student und Studentin“ zu mühsam erscheint, wird also das Partizip zur Statusbezeichnung. Und es wird Sprache verhunzt – weil nicht mehr dasjenige gesagt werden darf, was der Sprecher ausdrücken will

Hierzu gemessenen Tonfalls Max Goldt in: Wenn man einen weißen Anzug anhat, 2002, S. 55 unter der Rubrik Was man nicht sagt:

„Studierende: Menschen, die an einer Universität einem Studium nachgehen, heißen Studenten. Möglicherweise gibt es noch ganz vereinzelte Studiengänge, die als klassische Männerfächer gelten, z.B. an den Bergbau-Universitäten in Freiberg (Sachsen) oder Clausthal-Zellerfeld. Wenn man in diesen Ausnahmefällen darauf hinweisen möchte, daß auch Frauen dort studieren, muß man Studenten und Studentinnen sagen. Wie lächerlich der Begriff «Studierende» ist, wird deutlich, wenn man ihn mit einem Partizip Präsens verbindet. Man kann nicht sagen: «In der Kneipe sitzen biertrinkende Studierende.» Oder nach einem Massaker an einer Universität: «Die Bevölkerung beweint die sterbenden Studierenden.» Niemand kann gleichzeitig sterben und studieren.“

In dieser Verwendung ist das Wort „Studierende“ so sinnvoll wie Klofußumpuschelungen (zu diesen: Goldt in Ä).

Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht http://www.zaar.uni-muenchen.de/studium/studenteninfo/ student_prof/student/index.html

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