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«Das Fach Deutsch braucht klarere Ziele»

Die ersten Ergebnisse der OECD-Studie «Pisa» stellen der Lesekompetenz der Schweizer Schülerschaft kein gutes Zeugnis ausFolgenschwere sprachliche Defizite
Im Gegensatz zu früheren Studien misst «Pisa» unabhängig von Lehrplänen und -inhalten allgemeine Grundkompetenzen, die für das Berufs-leben relevant sind.
Die Studie stellt für die Schweiz einen besonders engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und der gemessenen Leistung her. Hiervon besonders betroffen ist der relativ hohe Anteil an Schülern aus immigrierten Familien.
Unsere Volksschule ist für die Integrationsaufgabe, die als wichtigste bildungspolitische Herausforderung der nächsten Jahrzehnte gilt, ungenügend gerüstet.
Man kann dafür das Bildungssystem nur bedingt verantwortlich machen. Integration ist eine Aufgabe, welche die gesamte Gesellschaft betrifft. Das Bildungssystem kann keine Chancengleichheit herstellen, wenn die Voraussetzungen dazu in den übrigen gesellschaftlichen Bereichen nicht vorhanden sind.
Vermehrte Arbeit mit Texten gefordert
Was machen andere Länder besser als die Schweiz? Sieht man von Unterschieden in der Bevölkerungsstruktur einmal ab – Spitzenreiter Finnland etwa hat einen zehnmal tieferen Anteil Fremdsprachiger als wir – gelingt es manchen Nationen besser, Kinder aus bildungsfernen Schichten zu fördern. Kinder zugewanderter Eltern sollten möglichst schon im Vorschulalter von der Sprachausbildung erfasst werden.
Der Lehrplan für den Unterricht in der Muttersprache müsste noch klarere, verbindliche und überprüfbare Ziele enthalten. Bei allem Verständnis für alltagsnahen Sprachunterricht oder den Einbau von Theaterprojekten bin ich überzeugt, dass das Vermitteln von grammatikalischen Grundlagen und die konsequente Anwendung der Standardsprache im Unterricht stärker gewichtet werden müssten. Besonders vertieft werden sollte schon in der Primarschule die Arbeit mit Texten. Schweizer Schulkinder hatten im «Pisa»-Test auffallend häufig Mühe mit weiterführenden Aufgaben zu einem Text, die ein kritisches, reflektierendes Lesen voraussetzten. Galt es zwischen den Zeilen zu lesen, die Absicht eines Autors oder eine politische Botschaft herauszuschälen, waren drei von vier Getesteten überfordert.
Die Freude am Lesen sollte im schulischen und ausserschulischen Bereich wieder konsequenter vermittelt werden.
Der Bildungsforscher Urs Moser in der NZZ vom 19. Januar 2002 zum «Pisa»-Bericht (red. gekürzt)

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