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Babylon Brüssel

Die EU und ihre elf Sprachen. Welche Sprache wird von den meisten Bürgern Europas gesprochen?
Welche Sprache wird von den meisten Bürgern Europas gesprochen?
Russisch – denn diese Sprache wird von 125 Millionen gesprochen. An
zweiter Stelle steht Deutsch, 100 Millionen Menschen sprechen Deutsch
als Muttersprache, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Italien,
Belgien, Luxemburg, Österreich, Schweiz, Lichtenstein. Doch ist
deshalb Deutsch auch eine bedeutende Sprache? Immer wieder gibt es
Ärger um die Wichtigkeit, die Bedeutung des Deutschen. Nicht nur unter
Sprachwissenschaftlern, nein – auch in der Europäischen Union.

Es ist Gewohnheitsrecht. Wenn sich die europäischen Minister treffen,
wird in drei Sprachen gedolmetscht. Und dann sollte auf einmal
Deutsch unter den Tisch fallen.

Die Sprachenfrage ist eine Machtfrage.
In der EU normiert man zwar Kondome und Bananen. Und man regelt die
„Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter
landwirtschaftlicher Kulturpflanzen zur Einbeziehung von Reis“, aber
in der Sprachenfrage gibt es nur eine einzige knappe Verordnung. Die
wurde vom Rat am 6.11.1958 als allererste erlassen:

Zitat: Artikel eins: Die Amtssprachen und die Arbeitssprachen der
Organe der Union sind Französisch, Deutsch, Italienisch und
Niederländisch.

Diese Verordnung gilt noch heute. Nur wurde sie inzwischen um acht
weitere Sprachen ergänzt, als weitere Länder Mitglieder wurden.

Alle Sprachen sind – rein rechtlich – gleich … und doch sind manche
gleicher als die anderen. Und so tobt hinter den Kulissen der Streit, welche Sprachen gleicher sind als die anderen. Den Franzosen ist ihre Sprache heilig, die Spanier gehen noch weiter: Spanisch rein, Deutsch raus – fordern sie.

Mit dem Beitritt Großbritanniens hat die deutsche Sprache immer mehr an Bedeutung verloren. Und dann schob sich ohne jede Anstrengung das Englische an Deutsch vorbei. Es gab einfach mehr Leute, die Englisch sprachen als Deutsch. Deutsch kam ins Hintertreffen, bis es allmählich ganz absackte und dann von außen durch Intervention des früheren und auch des jetzigen Bundeskanzlers und durch ständige Intervention Deutschen Behörden immer wieder nachgewiesen werden musste, dass intern auch Deutsch gesprochen wird.

Die EU beruht auf einem sehr wichtigen Grundsatz, nämlich auf der
Gleichberechtigung der Partner. Deshalb kann man nicht von vorneherein erwarten, dass die Länder auf das Ureigene ihrer Identität verzichten:die Sprache.

Und so gehen Kampf und Krampf der Deutschen um die Gleichberechtigung ihrer Sprache weiter – eine Lösung ist nicht in Sicht.

WDR vom 21.Februar 2001 von Sibylle Herbert, gekürzt.

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