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Deutschschweizerischer Schulverein –mit einer 121jährigen Idee in die Zukunft

Der Deutschschweizerische Schulverein ist ein Qualitätszeichen: Klein, aber fein! Namensänderungen hatten (bisher) keinen Erfolg, weil in Fachkreisen, eine gewisse Bekanntheit besteht, überraschenderweise immer dort, wo man es nie vermutet hätte! Gewiss erscheint er (leider) nicht immer in der Presse, um einem grösseren Publikum bekannt zu sein. Mit der Veränderung der Presselandschaft entschwanden auch die Zeitungsberichte (früher oft eine halbe Seite!), obwohl wir uns kaum derart «negativ» oder qualitativ verschlechtert hätten. Auf der andern Seite bevorzugen wir ein wirken im Stillen, Bekanntheit dient nur der Verbreitung der Vereinsziele, nicht der Eigenzelebrierung.
Ausschlag zur Gründung

1880 störte namhafte Schweizer Professoren bei einem Besuch in Gurin im Kanton Tessin, dass diese deutsche Gemeinde nur über eine italienischsprachige Schule verfügte. So entstand der gemeinnützige Verein, daher der Name. Er unterstützte nicht nur Schulunterricht, sondern liefert auch Bücher für (Schul)Bibliotheken oder Privatpersonen, verteilt Lesebücher oder Zeitschriften und ähnliches bei deutschen Sprachminderheiten im In- und Ausland nach besten Kräften. Da wir den Geschäftsführer der Schweizerischen Jugendbuchstiftung stellen (auch Salzburger Stiftung genannt), vermögen wir viel zur Unterstützung in diesem Sinne zu erreichen.
Gesamtheitliche Betrachtung

Zum Erhalt der deutschen Sprache bei Sprachminderheiten wurde früh die Jugend als tragendes Element erkannt und darum ins Zentrum der Bemühungen gestellt. Der Schulverein betrachtet Sprachminderheiten immer auch als Brücke zu anderen Kulturen, wichtige Verständigungsreferenzen, die nicht einbrechen dürfen! Er scheute sich nie, gegen Benachteiligungen Stellung zu beziehen und verachtet den Nationalismus, der leider 1945 nicht ausstarb wie etwa im Elsass… Heute braucht es keine «braunen Uniformen» mehr, die Möglichkeiten sind vielfältiger, aber auch perfider geworden. Leider werden diese Tatsachen allgemein viel zu wenig erkannt. Sie sind Hauptursache vieler Konflikte der Neuzeit: Korsische Separatisten, Baskische Bombenleger sind das Ergebnis unterdrückter Volkskulturen, weil staatliche Mehrheitsvölker ihre Sprache und Kultur andern aufzwingen. Diese haben kein demokratisches Abwehrmittel. Die Handlungen aus Verzweiflung sind dann nicht immer schön. Ist die Umbenennung von Ortsnamen zukunftsweisend und europäisch?
Im Abstand einiger Jahre beispielsweise laden wir die Guriner und Bomatter Schulkinder zu einem Besuch in die Deutschschweiz ein, was in letzter Zeit leider immer teurer wird. Wichtig ist für uns die Hochsprache, ein unentbehrliches Binde- und Verständigungsglied! In Norditalien etwa konnten bis vor 50 Jahren die Mehrheit in den deutschen Bergdörfern noch Hoch-deutsch lesen, wegen des fehlenden Deutschunterrichtes nur mehr wenige. Ja man konnte selbst die in der alten deutschen Druckschrift zahlreich vorhandenen Bücher lesen oder brachte sich, wie im Lystal (Gressoney, Region Aosta) im Selbstunterricht die deutsche Kurrentschrift bei! Diese wurde örtlich in der Korrespondenz oder in den Protokollen des Kirchgemeinderates angewandt. Es besteht sogar eine solche Holzbalken-In-schrift. Wir scheuen uns auch nicht, bei Behörden und dergleichen vorstellig zu werden um uns im Namen der Minderheiten für deren Rechte einzusetzen. Mit Erfolg intervenierten wir
etwa beim bernischen Regierungsrat betreffend des separatistischen Anschlages auf die deutsche Schule auf dem Stierenberg (Montbautier) gegen die deutsche Minderheit. Ja, Sie lesen richtig, das gibt es! Die historische deutsche Minderheit wurde etwa behandelt von unserem Mitglied Emil F. Garraux «Über das geschichtliche Recht der deutschen Sprache im bernischen Jura» von 1903 oder erfreulich vom Franzosen Charles de Roche 1906 «Les noms de lieu de la Vall6e Moutier-Grandval (Jura Bernois), 6tude toponomastique, Verlag Max Niemeyer, Halle a.d.S. Für diesen Autor ist es ganz natürlich, dass in Münster BE (amtlich Moutier) und Umgebung viele Flurnamen auf die alten deutschen Mitbewohner im Jura zurück gehen. Kürzlich konnten wir den
deutschen Gemeinden im Piemont mitteilen, wie sie vorgehen können, um wenigstens Schweizer Fernsehen DRS zu empfangen, und so weiter.
Hochdeutsch
Unser Verein, der älteste Sprach- und Kultur-verein der Schweiz, betätigte sich auch in einem korrekten Gebrauch des Hochdeutschen und gegen Fremdwörter. Weil die Ergebnisse daraus kaum messbar sind aber auch, weil man als Verein zu wenig entscheidenden Einfluss ausüben kann, wurde dieser Bereich still gelegt. Mein Vorgänger Paul Waldburger, der die früher eingegangene Sektion Zürich des Sprachvereines leitete, war letztmals darin tätig. Unter dem Pseudonym «Paul Stichel» stichelte er die Mitbürger in ihrem Sprachgebrauch an. Zudem schrieb er für die Zürichsee-Zeitung Sprachecken. Davon sind zwei Bände «Sticheleien» erschienen, 1973 und 1979 beim Verlag Th. Gu & Co. Stäfa ZH. Illustriert sind sie mit Zeichnungen von Hans Tomamichel aus Gurin, der unter anderem auch die weltbekannte Figur des «Knorrli» erfand.
Bernische Auswanderungen
Die volkskundliche Ebene wird etwa durch die Weiterführung von Sprach- und Sachforschung abgedeckt, entstanden aus den direkten Kontakten vor Ort. Im Mittelalter war der Aareraum beziehungsweise heutiger Kanton Bern Drehscheibe der vertieften Besiedlung der Alpen. Entlang wichtiger Alpenpässen und Durchgangsrouten wie Sanetsch-, Ering- und Theodulpass oder Grimsel- und Griesspass bestand Verbindung nach Oberitalien und zurück. Dort siedelten sich jeweils an den höchstgelegendsten Orten Leute mit Berner Wurzeln an, obwohl sie sich natürlich nicht so bezeichneten. Diese Siedler werden zum Teil mit dem nicht wissenschaftlichen Name «Walser» bezeichnet, doch bereits das Historisch-Biografische Lexikon der Schweiz nannte den Ursprung
im Aareraum. Dazu bietet das bei unserem österreichischen Partnerverein entstandene Taschenbuch «Deutsche in den Südwestalpen» einen guten Überblick (siehe «Mitteilungen» 1/2001, Seite 3). Die Rückbeziehungen dieser deutschen Minderheiten haben viele überraschende und bedeutende Beziehungen ergeben (zum Beispiel Baumeister des Berner Münster, Regierungsräte in verschiedenen Kantonen, angesehene Geschäftsleute, Künstler, Vorfahren von Bismarck, Hauff, Lavater und so fort). Eine neue Publikation dazu ist in Vorbereitung.
Zusammenarbeit
Der Sprachkreis Deutsch verfolgt ähnliche Ziele. Mit guten Anfangskontakten zum Vor-stand wollen wir die Zusammenarbeit mit
dem Sprachkreis ausloten und vertiefen. Wir sind der Auffassung, dass die vielen sprachlichen und kulturellen Vereine in der Schweiz enger gemeinsam wirken sollten und/oder sich mit verbreitertem Tätigkeitsgebiet zu einem schlagkräftigeren Ganzen zusammenschliessen sollten.
Von unseren Beziehungen zu Sprachminderheiten erhalten wir regelmässig sehr positive Rückmeldungen, denn wir sind die einzige Origanisation auf diesem Gebiet. Besonders in Italien wird die Wichtigkeit unserer Tätigkeit begrüsst, wenn gleich man natürlich lieber mehr helfen würde.
Eine Stärke sind unsere Informationen aus erster Hand, wir sind keine Schreibtischtäter! An unserer öffentlichen Hauptversammlung liegen gratis Zeitschriften aus oder über die Sprachminderheiten auf. Die nächste wird vermutlich anfangs Juli in Bern statt finden mit dem Hauptthema Gurin TI (siehe Veranstaltungskalender).
Rolf Marti, Obmann
Auskunft zur Mitgliedschaft, Zeitschriften, unser Mitteilungsblatt Rundbrief und so fort bei Rolf Marti, Zenetsmatte, 3792 Saanen BE, Tel. 033 744 49 41.

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