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Am Radio gehört und dazu gedacht

Ein heilloses Durcheinander von Mundart(en) und Hochsprache prägt das Tagespensum von DRS 1. Was im Dialekt daherkommt, lässt sich, von Ausnahmen abgesehen, mit einer «idée suisse» nicht vereinbaren. Mundarten im Originalton wären ein Hörvergnügen. Da hätte indes „drü Froue, zwöi Parteie, zwo Verträtter, d“Bürger hei abgstumme „(!) – nur eine kleine Auswahl – keinen Platz. Der Beitrag zur Verwahrlosung eines unserer Kulturgüter lässt sich hören. Hörern aus dem Welschland bleibt damit der Zugang zu diesem Sender (mit Absicht?) versagt, In jenen Landesteilen hat es der Deutschunterricht besonders schwer, von den Schülern estimiert zu werden (NZZ 1.12.03, S. 27). Dass ausgerechnet DRS 1 auch dazu beiträgt, ist befremdend.

Eine Ausnahme von der flächendeckenden Mundartberieselung bilden Nachrichtenblöcke und Strassenzustandsberichte. Da wird Hochdeutsch freilich als Billigausgabe angeboten. Kostproben? imOsten – inltalien die weiterenAussichten – imEcho – indeNalpen. Und was soll der Bisamabend, das Ameis? Was ist Baldachtuhr? Einige Sprecher haben es aus Gleichgültigkeit zu einer gewissen Meisterschaft gebracht. Nun wird das zwar nicht allen Hörern auffallen, weil die Aussprache des Hochdeutschen im Lehrplan der
Schulen offenbar keinen Platz hat. Wer anders als die elektronischen Medien könnte den der Schule Entlassenen noch als Richtschnur dienen?

Den Sprechern sei empfohlen, ihren Siebs wieder einmal aufzuschlagen und fürderhin den Glottisschlag zu pflegen, wie sie“s gelernt haben. Das ist der Knacklaut, der einen Vokal vom vorangehenden Konsonanten trennt. Am obigen Beispiel, dem Bisamabend, kann geübt werden.

1985 erschien bei Hallwag AG Bern das Bändchen «Des Schweizers Deutsch». 22 Autoren äusserten sich zu Dialekt und Standardsprache. Im Vorwort schreibt Gerd H. Pradel: «Es ist offenkundig, dass die elektronischen Medien einen Teil der Verantwortung für das Absinken unserer Sprache in einen Morast von Massenkauderwelsch tragen.» Eduard Stäuble: «Einen Dialekt muss man genau so können und beherrschen wie das Hochdeutsche. Was wir heute von vielen Sprechern, insbesondere im Radio hören, ist oft eine fürcherliche Ohrenqual.» – Seit nahezu zwanzig Jahren hat sich allerdings nichts geändert.

Die Schweizer zahlen weitherum die höchsten Radio und Fernsehgebüren (Der Spiegel, 6.10.03), u.a. für ein Radioprogramm von bescheidener Qualität. Das Brimborium, das uns DRS 1 für unser gutes Geld täglich um die Ohren schlägt, wird unter einem andern Titel zu behandeln sein. (M.Sch. in H.)

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