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thx, cu, grusslieb: Sprachrevolte im Netz

Internet-Slang beeinflusst deutschen Wortschatz

Ob man will oder nicht: Die meist englische Computersprache hat den
alltäglichen Sprachgebrauch auch hierzulande verändert. Jeder, der am
Computer arbeitet, hantiert wie selbstverständlich mit Wörtern wie
Hardware, Software oder Interface. Notwendig sagen die einen, für die
Englisch Computer-Weltsprache ist. Überflüssig meinen die anderen, es für
viele Fachbegriffe auch eine eindeutige und griffige deutsche Übersetzung
gibt: „Software“ bedeutet einfach ein Computer-Programm und ein
„Interface“ ist nichts anderes als eine Schnittstelle.

Groß- und Kleinschreibung außer Kraft gesetzt

Welch sonderbare Sprachblüten Anglophilie im Umgang mit den modernen
Kommunikationsmedien hervor bringt, zeigt der Begriff Handy – ein schönes
Beispiel für reinstes Denglisch. Handy klingt zwar englisch, ist aber
eine rein deutsche Wortschöpfung, die man nirgendwo sonst auf der Welt
versteht. Auch im Internet spricht man bislang bevorzugt Englisch.
Sprach- und Medienforscher bezeichnen Englisch als die Welt-
Internetsprache und manche betrachten das Internet sogar als Bedrohung für
die deutsche Sprache.

Doch sind es weniger die englischsprachigen Webseiten, die völlig neue
Sprachformen hervorbringen, als vielmehr die Kommunikation in E-Mails und
Internet-Chats. Den Initiatoren jüngsten Rechtschreibreform müssen beim
Lesen von Mails die Haare zu Berge stehen: Die Groß- und Kleinschreibung
ist dort schon lange außer Kraft gesetzt und häufig bestehen die Texte
aus einem wilden Misch-Masch von deutschen und englischen Wörtern.

Comics als Vorbilder

Doch damit nicht genug. Kryptische Kürzel wie 4u, cu oder hf! durchziehen
die Mails und machen sie – wie einst die Stenografie – nur für
Eingeweihte verständlich. Diese Akronyme sind eine Besonderheit der
E-Mail-Kommunikation, die auf Kürze und Schnelligkeit ausgerichtet ist.
Und weil es schnell gehen soll, hackt man halt statt einem Danke ein
„thx“, was für „Thank you“ steht, in die Tasten. Der kryptische
Cyber-Slang füllt schon ganze Webseiten: Wer Hilfe beim Entziffern einer
E-Mail braucht, kann auf www.cyberslang.de in einer schier endlosen Liste
von Akronymen deren Bedeutung nachschlagen.

Sogar eigene Lexika sind erschienen, wie „Chat-Slang“ von Oliver
Rosenbaum, das 4200 Stichwörter umfasst. Akronyme sind jedoch nicht die
einzige Besonderheit und Neuerung der Kommunikation in E-Mails und
Internet-Chats. Ungewohnt und grammatikalisch gruselig kommen die so
genannten Inflektive daher, mit denen bevorzugt Emotionales übermittelt
wird. Statt einem „Ich freue mich“ begegnet einem nur ein knappes „freu“.

Wer sich angesichts solch seltsamer Neuschöpfungen wie „liebhab“ oder
„grusslieb“ an das Sprachniveau von Comics erinnert fühlt, liegt nicht
ganz falsch, denn Sprachforscher haben die Ursprünge der Inflektive
tatsächlich bis zu Micky Maus und Co. zurückverfolgt. Wie die Akronyme
werden die Inflektive auch deshalb verwendet, weil sie kürzer sind und
sich schneller tippen lassen als der vollständige Satz. Kein Wunder, dass
auch bei den SMS, den bei Jugendlichen so beliebten Handy-Botschaften,
statt verständlichen Sätzen Akronyme und Inflektive über das Display
huschen – schließlich kostet jedes übermittelte Zeichen bares Geld.

Ob der deutschen Sprache durch Internet und SMS-Talk eine echte Gefahr
droht, ist fraglich, denn in der Vergangenheit hat sich die deutsche
Sprache allen Unkenrufen zum Trotz recht resistent gegen äußere Einflüsse
gezeigt: Seit 1945 wurden nur rund 3500 englische Worte in den
allgemeinen Wortschatz übernommen. Hinzu kommt, dass Fachleute davon
ausgehen, dass bis zum Jahr 2007 nicht mehr Englisch, sondern Chinesisch
die führende Sprache im Internet sein wird. Bleibt abzuwarten, wie sich
dieser Einfluss dann auf unsere Sprachgewohnheiten auswirken wird…

Gebräuchliche Abkürzungen
3N nie, niemals, nirgends
4E forever
4U for you
BB bye bye
CU see you
DG dumm gelaufen
GN8 good night
THX thank you
WAUDI warte auf dich

Von Dominique Salcher
http://www.merkur-online.de

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