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Die Rache des Dialekts

Schon seit Jahrzehnten beklagen Mundartfreunde den Rückgang des Dialekts.
Wovon die Mundarten zurückgedrängt werden, das wird in letzter Zeit immer unklarer. Lange hat man angenommen, das Hochdeutsche sei es, das durch den Einfluss der Medien diese Rolle spiele. Aber ist es wirklich das Hochdeutsche, das die Dialekte verdrängt? Welche Sprache bieten uns die Medien denn tatsächlich?

Hört man, wie etwa unsere Reporter aus deutschen Sportlern Deianas, Däniels und Meikels machen und möglichst viele englische oder englisch klingende Brocken benutzen, die es teilweise im Englischen gar nicht gibt, und eine pseudoenglische Aussprache pflegen, wird deutlich: Das ist kein Hochdeutsch mehr, sondern ein Sprachgemisch, das man früher als Kauderwelsch bezeichnet hätte.

Und wenn gar eine mehrfach ausgezeichnete Moderatorin sagt: „Sie windeten sich um die Antwort herum“, kommen mir erst recht erhebliche Zweifel. Ein Einzelfall? Keineswegs! Immer häufiger ist zu hören und zu lesen, dass Journalisten, Reporter und Moderatoren die Beugung der starken Tätigkeitswörter im Deutschen nicht mehr beherrschen. Vielleicht haben Sie, verehrte Leserinnen und Leser, ja auch schon mal daran gedenkt, nach der Rechtschreibreform könnte man diese Gruppe von Zeitwörtern durch eine Grammatikreform einfach abschaffen, oder zu schwachen, d.h. regelmäßigen Verben machen. Ein paar Freunde, mit denen ich darüber sprechte, findeten das zwar nicht gut, aber die sind auch sonst so altmodisch wie ich. Jedenfalls, die Verständigung leidete bestimmt nicht wesentlich darunter. Und die Tendenz zur Vereinheitlichung liegt doch auch irgendwie im Trend.

Man sollte jedoch die urwüchsige Kraft der Mundart nicht unterschätzen. Da haben es doch tatsächlich die Dialekte – allerdings die süddeutschen – geschafft, der Vereinheitlichungstendenz entgegenzuwirken und eine Unregelmäßigkeit aus dem Bereich der starken Zeitwörter in den der regelmäßigen hinüberzuschmuggeln. Anders als bei den starken Verben hat der Konjunktiv II bei den schwachen keinen Umlaut im Hochdeutschen, d.h. er entspricht formal dem Indikativ des Präteritums. Die Form „bräuchte“ ist kein Hochdeutsch, sondern eine süddeutsche Dialektform für brauchte.

Liebe Leserinnen und Leser. Sie bräuchten nur einmal genau hinzuhören oder hinzusehen. In unseren Medien wird „gebräucht“, dass sich die Balken biegen. Irgendwie cool! Übernehmen wir doch einfach die neuen Vereinheitlichungen! z.B. so: Wenn ich sechs Richtige mit Zusatzzahl im Lotto bekömmte, bräuchte ich mir keine Sorgen mehr zu machen Paradies. Mir gräute nicht mehr vor der Zukunft .

F.Schmitz in NGZ-online , 13.April 2005 (gekürzt skd)

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