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No self pic

Aufmerksamen Zeitgenossen dürfte sie, zumal in diesen frühlingshaften Monaten, nicht entgangen sein: Die Holztafel, gut sichtbar in der Nähe von Blumenfeldern montiert, mit der Aufschrift «self pic!». Self pic? Ich marschierte noch einmal retour und vergewisserte mich: Ja, «self pic» stand da.

Selbstverständlich lässt sich mit ein bisschen gutem Willen der Sinn dieser Tafelinschrift erschliessen. Hier werden Passanten aufgefordert, Gladiolen, Tulpen, Dahlien, Lilien, Steinnelken und was ein nahrhafter Boden an blühenden Pflanzen momentan sonst noch zu Tage fördert, selber zu pflücken und das Geld ehrlich in die dafür bereitgestellte Büchse zu werfen. Allein: «self pic» heisst nichts! Pflücken, lernte ich in der Schule, heisst auf Englisch «to pick» und das Wort pic exisitert im Duden nicht. Vielleicht, dachte ich, handelt es sich bei «pic» um die Kurzform einer mir unbekannten Wortschöpfung, und nahm lernwillig das Fremdwörterbuch zur Hand. Doch die diesbezügliche Recherche führte mich ethymologisch auf derartige Abwege, dass ich nur so staunte. Ich fand genau drei Wörter, die mit den Anfangsbuchstaben p-i-c begannen und mit zu pflückenden Pflanzen so viel zu tun hatten, wie Sauerkirschenmarmelade mit Schweinsbratwurst. Hier nun meine Ausbeute: Piccalilli: ein mit scharfen Gewürzen eingemachtes Mischgemüse. Piccaninny: abwertend für Negerkind. Piccolo: Bezeichnung für die auch hierzulande bekannte Miniflöte (Basler Fasnacht!). «No „self pic“», bestätigte auf eine entsprechende Anfrage hin auch mein australischer Schwager. Und der wird seine Muttersprache wohl kennen.

Drängt sich die Frage auf: Warum Blumenpflücken auf Englisch? Des einen Spaziergängers der anglophonen community wegen, der sich allenfalls eines Sonntag Nachmittags in ein Feld blühender Chrysanthemen und Sommerblumen verirrt haben könnte? Liebe Bauern: Konzentriert Euch auf Eure Kompetenzsprache und erliegt nicht der Anglomanie. Sprecht, wie Euch der Schnabel gewachsen ist, lieber (Bauern-)Deutsch statt BSE: Bad simple English. Sorgen, nicht verstanden zu werden zu werden, müssen sich die Inhaber farbenfroher Schnittblumenfelder freilich nicht machen. Denn wie so oft bei der Verwendung von fehlerhaften Anglizismen gilt auch für «self pic»: Es heisst zwar nichts, aber alle verstehen, was damit gemeint ist.

Schweizer Familie, Nr 23, 7.Juni 2007, Sabine Windlin

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