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Gender goes Schwachsinn

Was ist von einer Herausgeberin zu halten, die im Vorwort selbst zugibt, dass der Titel ihres Buches „unsinnig“ ist? Die Rede ist von Marie-Luise Angerer, Professorin für „Medien- und Kulturwissenschaften [Gender]“ an der „Kunsthochschule für Medien“ in Köln und dem vielleicht unlesbarsten Buch, das ich je aufschlug: „Gender goes Life“.
„Die Lebenswissenschaften als Herausforderung für die Gender Studies“ lautet der Untertitel, des im Transcript Verlag kürzlich erschienenen Sammelbandes. So etwas lasse ich mir natürlich zuschicken. Glücklicherweise muss ich als Journalist dafür kein Geld ausgeben. Mir fehlen die Worte, um diesen Sammelband zu beschreiben. Aber dieser Blog heißt schließlich Geschlechtsverwirrung. Und das Buch ist wirklich vor allem eines: verwirrend. Ausnahme ist allein ein Beitrag des Wissenschaftshistorikers Hans-Jörg Rheinberger über „Sexualität und Experiment“ um 1900, der sich in dieses Fegefeuer der Geschwätzigkeit verirrt zu haben scheint.
Vielleicht bin ich dem intellektuellen Niveau der Autoren nicht gewachsen, mag sein. Daher will ich hier auch keine ernsthafte Rezension des Bandes abliefern. Das wäre eine Folter! Ich habe es nämlich nicht geschafft, einen der Beiträge zuende zu lesen. Zu ertragen ist die Lektüre nur, wenn man die Beiträge als Realsatire betrachtet. Zur Begründung zitiere ich einen Satz aus Christiane Königs Aufsatz „Queeres Begehren – signaltechnisch verdinglicht“: „Im aktuellen, auf diese Weise zugespitzten Dispositiv der Sorge um das Leben, das dennoch immer noch machttechnologisch auf die Verwaltung desselben hinarbeitet, verliert die Sexualität als (diskursive, an die Sprache geknüpfte) Machttechnologie, die an die zu disziplinierenden Körper angeschlossen ist, durch die direkte Verschaltung von Biologischem und Technisch-Medialem scheinbar zunehmend ihre Bedeutung.“ Und so gehts 260 Seiten lang. 
 
Schon aus dem Klappentext wird kein Mensch schlau: „Natur, Körper und Leben haben heute eine Eigenmächtigkeit erhalten, durch die sich das klassische Mantra – Klasse, Geschlecht, Ethnie – einmal mehr als künstliche, politisch willkürliche und gesellschaftlich kontrollierte Zuordnung erweist“. Ach ja? Ich übersetze das mal: Mein Körper und mein Leben sind also neuerdings „eigenmächtig“, und deswegen zeigt sich, dass die politisch Bestimmenden mir meine Männlichkeit, mein Deutschsein und meine Klasse (Gibt“s die noch?) willkürlich zuweisen. Und das tun sie also mittels der von Frau König erwähnten „Machttechnologie Sexualität“?
Bereits die Titel der Aufsätze sind unverständlich, spielen Gelehrsamkeit vor und sind bei näherer Betrachtung nichtssagend:
„Biomacht und posthumane Politik“ von Rosi Braidotti (Die Utrechter Professorin „forscht und lehrt vor dem Hintergrund eines „nomadischen Subjekts“ zu Fragen transnationaler und -sektionaler Feminismen)
„Zoontologien: Companien Species und Ribofunk als theoretische und literarische Beiträge zu einem kritisch-posthumanistischen Feminismus“ von Manuela Rossini
„Die Nanogestaltung des Begehrens“ von Luciana Parisi
„Eine Frage des Wissens. Gender als epistemisches Ding“ von Astrid Deuber-Mankowsky („Professorin für Medienöffentlichkeit und Medienakteure unter besonderer Berücksichtigung von Gender“ an der Universität Bochum)
Die Autoren scheinen auf jeder Seite demonstrieren zu wollen, dass sie immer noch vertraktere Sätze mit immer neuen Fremdwörtern fabrizieren können. Dass sie all die schicken französischen Philosophen wie Deleuze und Bourdieu gelesen, haben, deren überdrehte Schriften außerhalb eines inzestuösen akademischen Betriebes keinen interessieren, weil sie nichts mit dem Leben und der Welt außerhalb jener Kreise zu tun haben.
Die Autoren dieses Buches tun nur so, als ob sie etwas wichtiges zu sagen haben. In den so genannten Kulturwissenschaften, die die ernsthaften Geistes- und Sozialwissenschaften vielerorts verdrängen, wird, wie Jürgen Kaube in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ neulich schrieb, allzu oft „Forschung simuliert“. Ich frage mich, ob die Autoren von „Gender goes Life“ selbst wissen, was sie erkannt zu haben behaupten. Sonst könnten sie es doch einfach schreiben. “Wers nicht einfach und klar sagen kann, soll schweigen und weiterarbeiten bis er“s klar sagen kann”, forderte Karl Popper.
Lieber Leser, Sie merken, ich rege mich auf über diese Autoren und ihre Texte. Natürlich sollen überdrehte Intellektuelle soviel realsatirischen Unsinn schreiben dürfen, wie sie wollen. Aber bitte nicht auf Kosten des Steuerzahlers, denn der erwartet Erkenntnisse. Frauen wie Deuber-Mankowsky und Angerer sitzen auf gut dotierten Lehrstühlen, während für ernsthafte habilitierte Historiker, Linguisten und andere Geisteswissenschaftler nicht genug Stellen da sind. Dieses unsägliche Buch und alle vergleichbaren schaden auch dem Ansehen der Geisteswissenschaften in der breiten Öffentlichkeit und in den anderen Fakultäten.
von Ferdinand Knauß, 14. Januar 2009
http://www.brainlogs.de/blogs/blog/geschlechtsverwirrung/2009-01-14/gender-goes-schwachsinn
[die Schreibweise entspricht nicht den SOK Empfehlungen]

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