• Allgemein
  • 0

Kindergarten: Mundart, Standarddeutsch

Ein Leserbrief

In unseren Nachbarländern sind derzeit Bemühungen im Gange, vom Aussterben bedrohte Mundarten wiederzubeleben: Plattdeutsch in Deutschland, Elsässisch, Breton, Okzitan in Frankreich. Wahrscheinlich ist es bereits zu spät, wie in Irland mit dem Gälischen. Und ausgerechnet jetzt soll in der Deutschschweiz, wo die Mundart allgemeine Umgangssprache aller sozialen Schichten geblieben ist, auf dem Verordnungsweg Hochdeutsch an unseren Schulen als Umgangssprache gefördert werden. Im Kanton Zürich soll bereits im Kindergarten zu einem Drittel auf Hochdeutsch unterrichtet werden.

Der Kindergarten bietet die letzte Gelegenheit, die Mundart bewusst zu pflegen und besonders für die vielen Ausländerkinder sie nicht nur auf der Gasse, sondern mit Liedern, Spielen, Geschichten und Versen richtig zu erlernen. Sprache ist an Personen gebunden. Unsere Tochter spricht mit mir Berndeutsch, mit dem Vater Glarner Dialekt und mit Zürchern Züritüütsch. Spricht nun aber die Kindergärtnerin einmal Dialekt und dann wieder Hochdeutsch, auch wenn abgetrennte Blöcke vorgesehen sind, besteht die Gefahr, dass ein Sprachmischmasch entsteht; denn Ausländerkinder können Dialekt und Standardsprache so nicht unterscheiden.

Es ist gewiss nichts einzuwenden, wenn die Kindergärtnerin ab und zu, vor allem im zweiten Kindergartenjahr, ein Grimm Märchen oder eine andere passende Geschichte auf Schriftdeutsch vorliest. Dann merken die Kinder aber, dass das nun die Schriftsprache ist und nicht die Umgangssprache. Von der 1. Klasse an, wenn die Mundart gefestigt ist, ist es noch früh genug, Hochdeutsch, die sog. Standardsprache, konsequent als Unterrichtssprache anzuwenden.

In der Deutschschweiz wollen wir doch die Mundart als Umgangssprache bewahren. Die Standardsprache aber soll offizielle Amts und Schriftsprache bleiben und nur im Kontakt mit Fremdsprachigen auch als Umgangssprache benutzt werden. Integration und Chancengleichheit sind so eher gewährleistet als mit einer undefinierbaren Mischung aus Mundart und Standardsprache.

Aus “Verein für Muttersprache SchweizerDeutsch 1/09”

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar