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Neologeil

Wie die Duden-Redaktion Begriffe der Jugendsprache sammelt

Mannheim – Viele Politiker können jetzt aufatmen: Anders als erwartet hängt die Jugend nicht den ganzen Tag schweigend vor dem Bildschirm und zockt Killerspiele. Tatsächlich gibt es sogar Jugendliche, die miteinander reden. Zwar nicht immer in ganzen Sätzen, dafür aber mit äußerst kreativer Wortwahl.

Einen Schnappschuss der Jugendsprache präsentiert die Webseite szenesprachenwiki.de, die von der Duden-Redaktion und dem Beratungsunternehmen Hamburger Trendbüro erstellt wurde. Jugendliche können hier Begriffe aus ihrer Lebensrealität einstellen. Die ehrwürdige Redaktion des Duden prüft dann per Mausklick, ob „knötern“ tatsächlich eine weiter verbreitete Substitution von „Sex haben“ ist – oder eben nicht. Dazu erheben die Sprachwächter ausgerechnet Google zur letzten Instanz: Taucht ein Begriff als Suchergebnis öfter auf, könne daran festgemacht werden, dass er mehr sei „als eine Spaßkonstruktion“. So schreiben es zumindest die Duden-Redakteure auf der Internetseite, aus deren Inhalten sie bis Herbst ein Buch destillieren wollen: das „Neue Wörterbuch der Szenesprachen“.

Beim Durchklicken der Neologismen fällt auf den ersten Blick auf, dass es nach wie vor Anglizismen sind, die die Jugendsprachen zu einem Großteil ausmachen. Sie können rudimentär eingedeutscht sein, wie zum Beispiel „nailen“, also jemanden mit Fingernägeln kratzen, oder aber als englisches Wort bestehen bleiben, wie der „Leak“ – das Veröffentlichen vertraulicher Dokumente.

Ein weiterer Erkenntnisgewinn beim Abchecken der Webseite: Die große Karriere des Präfixes „ab“ ist bis heute nicht beendet. Erst ist der Jugendliche von heute beim „Abdancen“ im Club anzutreffen. Nimmt er Drogen, die dann nicht wirken, folgt recht schnell der „Abfuck“, also etwas, das einen enttäuscht. Wirkt die Pille hingegen, kann der Tänzer „abspacen“, um später erschöpft „abzuchillen“.

Manche Wörter auf der Webseite sind längst auch aus der Jugendkultur heraus in andere Welten abgewandert, andere sind eine echte Bereicherung für den Alltag: „Crackberry“ bezeichnet die Sucht (von Crack) immer erreichbar zu sein (via Blackberry), „Bankster“ sind die bösen Manager von der Börse, die sich fast wie Gangster mit Bonuszahlungen selber belohnt haben. Mit „youtuben“, „googlen“ und „twittern“ sind Verben für längst alltägliche Handlungen entstanden, die alle auf Markennamen basieren.

Offen bleibt, ob die Seite selber zum Entstehen neuer Wörter beiträgt. Wer hier seinen Lieblings-Neologismus einträgt, hat sofort die vollständige Aufmerksamkeit der Duden-Redaktion. Niemals zuvor konnte irgendein „Opferkind“ (also ein Verlierertyp) Begriffe schneller in die Nähe der Druckreife katapultieren. Das ist, wenn man einmal darüber nachdenkt, vielleicht gar nicht mal so „geilomat“. Johannes Boie

Quelle: sueddeutsche.de (16. Juni 2009)

Aus dem VDS-Rundbrief

Die US-Medien berichten zur Zeit in großer Zahl über das Public Viewing von Michael Jackson. Das ist die Aufbahrung der Leiche und deren Freigabe zur öffentlichen Besichtigung.

Niemand versteht, wieso in Deutschland die Großbildübertragung eines Fußballspiels den gleichen Namen bekommt..

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