Der Trottel ist und bleibt männlich

Die sprachliche Betonung des weiblichen Geschlechts ist noch keine Gleichberechtigung

Die wachsende Rolle der Frau im Kampf um ihre Gleichberechtigung gegenüber dem Mann spiegelt sich auch in der Sprache wider. Und das ist gut so. Es ist mittlerweile selbstverständlich, von der Geschäftsfrau, der Kommissarin, der Ärztin, der Kranführerin und auch von der Soldatin sprechen. In diesen Berufen, die einst Männerdomänen waren, stehen die Frauen jetzt ihren Mann. Neuerdings ist es Mode geworden, in der mündlichen und schriftlichen Anrede beide Geschlechter, also das Männchen und das Weibchen in einem Atemzuge zu nennen.

Das führt oft zu Übertreibungen. Öffentliche Appelle an die „Bürgerinnen und Bürger“ „Soldatinnen und Soldaten“ und an die “ Sportlerinnen und Sportler“ sind sprachlich störend und politisch heuchlerisch. Die Anrede „liebe Freundinnen und Freunde“ auf der Jahresversammlung des Naturbundes wirkt geradezu albern und gibt der Veranstaltung einen amourösen Beigeschmack. Durch die Mitnennung des weiblichen Geschlechts in der Anrede fühlen sich die Frauen keineswegs aufgewertet, eher noch veralbert. Wenn wir die Nennung beider Geschlechter konsequent durchziehen, hieße es jeweils „Fragen Sie Ihren Arzt/Ihre Ärztin, Ihren Apotheker/Ihre Apothekerin“ oder „Sie sollten sich einen Anwalt/eine Anwältin nehmen“. Alle Menschen nur aus dem „geschlechtlichen“ Blickwinkel betrachten wollen, führt zu diesem Dilemma.

Bisher sprechen wir von Autofahrern, Analphabeten, Radfahrern, Christen, Sammlern, Musikliebhabern, Mördern, Experten und Ausländern. Mit der in Mode gekommenen Doppelnennung (nur um der Gleichberechtigung der Frauen Rechnung zu tragen?) erhält die Mörderin „besondere Aufmerksamkeit“. Die Nennung beider Geschlechter wäre hier nach Auffassung des Autors sogar sprachlich falsch, weil eine spezifische Gruppe von Bürgern, nicht aber ihr Geschlecht im Mittelpunkt steht.

In schriftlichen Anreden wird der weibliche Part durch das Anhängen des eigentlich beleidigenden „/innen“ gespielt. Was macht es aus, an die Studentinnen und an die Studenten, an die Patienten und Patientinnen zu schreiben? Diese Schrägstrichanhängsel deuten auf Schreibfaulheit hin und sind kein Ausdruck einer ordentlichen Schreibkultur. Diese Problematik (Nennung beider Geschlechter) hat auch einen erheiternden Gesichtspunkt. Im Deutschen gibt es einige alternativlos männliche Anreden. Das sind z.B. der Trottel, der Gast, der Star, der Blödmann und der Liebling. Dass der Trottel nur männlich sein kann, da wird keine Frau widersprechen wollen. Interessant: Der Liebling kann auch eine Frau sein, denn eine Lieblingin gibt es in der deutschen Sprache nicht. Hier haben wir es mit dem Phänomen zu tun, dass der männliche Ausdruck „Liebling“ auch das weibliche Geschlecht anspricht.

Dass die Rolle der Frau auf dem Wege zu ihrer Gleichberechtigung auch in der Sprache sichtbar werden muss, wird in diesem Beitrag begrüßt. Dabei muss klar sein, dass feminine Anhängsel im Sprachgebrauch nur auf die Gleichberechtigung der Frauen hinweisen, selbst aber noch keine Maßnahme in dieser Richtung ist. Solange beispielsweise noch nicht alle Frauen den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit erhalten, wird ihnen schnurzpiepe sein, ob ihr Vorgesetzter (also ein Mann) mit der Anrede „Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen“ die Belegschaftsversammlung eröffnet.

H.B. in S (Adresse der Redaktion bekannt) .

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