Vom „besten Teutsch“

Verschiedene konfessionelle Vorstellungen vom „besten Teutsch“. Forschungen zur Sprache von Protestanten und Katholiken veröffentlicht, Münster (epd).

Katholiken und Protestanten unterschieden sich neuen Forschungen zufolge bis vor 300 Jahren nicht allein durch die Liturgie, sondern auch durch die deutsche Sprache. „Die Konfessionen vertraten bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts verschiedene Vorstellungen vom ‚besten Teutsch'“, erklärte der Münsteraner Germanist Jürgen Macha. Historische Inschriften und Quellentexte zeigten, dass protestantische Sprachgelehrte der Frühneuzeit das „Meißnische Deutsch“, die Sprache Martin Luthers, als den „zierlichsten, reinlichsten und lieblichsten Dialekt“ ansahen. Katholiken gaben dem konkurrierenden Oberdeutsch den Vorzug, wie es hieß.

Mit Blick auf das berühmte „Lutherische -e“ am Wortende hätten Katholiken damals sogar den letzten Buchstaben in Wörtern wie „Türe“ absichtlich weggelassen. Vor allem im Süden des deutschen Sprachraums hätten sie das „e“ mit Luthers Bibelübersetzung verbunden und sich ihm deshalb verweigert, erläuterte Macha. „Anhand des ‚e‘ zogen die Zeitgenossen folgenreiche Rückschlüsse auf gesellschaftliche Positionen.“

Die Sprachunterschiede zwischen den Konfessionen hatten laut Sprachforscher Macha religiöse Gründe. Sie hingen im Zeitalter der Konfessionalisierung zwischen 1500 und 1650 aber auch wesentlich mit territorialen Unterschieden und politischer Macht zusammen. So hieß das bekannteste christliche Gebet bei Katholiken „Vatter vnser“, auf Lutherisch hingegen „vnser Vatter“. Den Friedhof nannten demnach die Menschen in katholisch geprägten Regionen „Gottesacker“, im Protestantischen hieß er „Kirchhof“.

Die Forschungsergebnisse des Münsteraner Hochschul-Exzellenzclusters [Gruppe für Cluster ginge auch, red] „Religion und Politik“ sind im dem neuen Sammelband „Konfession und Sprache in der Frühen Neuzeit. Interdisziplinäre Perspektiven“ veröffentlicht worden. Germanisten, Geschichtswissenschaftler und Experten der Inschriftkunde (Epigraphiker) aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Italien haben dazu zahlreiche frühneuzeitliche Grabinschriften, Leichenpredigten, Konversionsschriften und Schulordnungen mit Blick auf Textstrategien, Wortwahl und Schreibweisen untersucht.

Evangelischer Pressedienst vom 3. Mai 2012 http://www.epd.de/…

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