Alter Trumpf blüht neu auf

Deutschkenntnisse nicht mehr selbstverständlich                          Da die Elsässer immer weniger Deutsch sprechen, haben sie seit Anfang der 90er Jahre Tausende von Arbeitsplätzen in Baden und der Schweiz verloren. Nun wird die Zweisprachigkeit wieder forciert. Andererseits geben 82 Prozent der im Elsass ansässigen Firmen an, dass sie sich deshalb angesiedelt haben, weil die Elsässer Deutsch sprechen. Sind sie erst einmal vor Ort, stellen viele Unternehmer aber fest, dass zwischen Theorie und Praxis inzwischen eine Lücke klafft, dass Deutschkenntnisse im Elsass nicht mehr so selbstverständlich sind.

Bei den französischen Arbeitsämtern (Pôle Emploi) gibt es seit ein paar Jahren Kurse und Praktika, um Deutsch zu lernen. „Aber der Schüssel zum Erfolg liegt bei den Schulen“, betont Patrick Hell. Deswegen ist das zweisprachige System immer erfolgreicher: 7447 Kinder (2008: 6682) in den französischen Primarschulen, 943 (919) in den Collèges (vergleichbar mit der deutschen Mittelstufe) und 394 (345) der Gymnasien lernen so seit September 2009 Deutsch; damals hatte die Inspection Académique du Haut-Rhin (Schulamt für das Südelsass) 18 neue zweisprachige Klasse eröffnet, davon zwölf in Dörfern, wo es bisher keine gab.

Jean-Jacques Thuet ist damit zufrieden. Er ist Mitglied von „Eltern 68“, einem Schüler-Eltern-Verein, der sich für die Zweisprachigkeit engagiert. „Diese zwölf neuen Schulen sind ein Schritt zu einem vollständigen Angebot“, betont er. „Ich bin seit einigen Monaten hier und habe sofort die wichtige Rolle des Deutsch verstanden“, begründet Maryse Savouret, Leiterin der Inspection Académique du Haut-Rhin, die Eröffnung der neuen Schulen.

„Zweisprachigkeit ist eine Notwendigkeit“
Die Regierungspräsidien aus Süd- und Nordelsass und der Regionalrat unterstützen die zweisprachigen Klassen. Im Südelsass finanziert das Regierungspräsidium 58 Arbeitsstellen in Schulen, die keine Lehrer haben, die fit in Deutsch sind. Die Gegner fürchten zwar ein elitäres System, das nur die Besten fördert. Aber seit einigen Monaten werden die Kinder der Kindergärten nicht mehr auf ihr Leistungsniveau geprüft. „Wir wollen ein System, das Chancengleichheit für alle Kinder garantiert“, sagt Maryse Savouret. „Zweisprachigkeit ist eine Notwendigkeit hier im Elsass“, argumentiert sie weiter.

Für die Kinder, die den Weg nicht nutzen, gibt es weiter Deutschkurse. Von der zweiten Klasse an lernen alle Kinder drei Stunden pro Woche Deutsch. In der Grundschule ist das Fach Pflicht. Später, in Collèges und Gymnasien kann jeder Schüler zu Englisch wechseln. Deswegen möchten die Befürworter den Deutschunterricht erweitern: Ein Instrument dazu sind Videokonferenz-Anlagen. Damit sollen Kontakte der Schüler über den Rhein gefördert werden. Das soll zwar die klassischen Brieffreundschaften nicht ersetzen, aber jungen Franzosen zeigen, welche Vorteile Deutschkenntnisse bieten. (Anpassungen skd)

Matthieu Hoffstetter in BZ 10/03/10                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            http://www.badische-zeitung.de

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