„Wandlung“, Roman zur Jahrtausendwende
von E. Y. Meyer

Der mehrfach preisgekrönte Deutschschweizer Schriftsteller wirft in seinem neuen Roman einen Blick in das Uhrwerk Schweiz im Übergang zum 21. Jahrhundert.

Ein Club von dreizehn Männern trifft sich an Orten, die mit Wandlungen und mit wichtigen Persönlichkeiten in den letzten Jahrhunderten zusammenhängen, zum Beispiel auf der St. Petersinsel im Bielersee, wo Jean-Jacques Rousseau als verfolgter Emigrant gelebt hat, oder auf der Ufenau im Zürichsee, die mit der Gestalt des Humanisten Ulrich von Hutten verbunden ist. So entfaltet sich ein mehrstimmiger Reisebericht – ein Bericht von einer Reise durch Raum und Zeit; ein sozial- und geistesgeschichtliches Panorama, verknüpft mit Leben und Denken der dreizehn Clubmitglieder.

E Y. Meyer
Wandlung
Roman zur Jahrtausendwende
264 Seiten , gebunden ,
mit Schutzumschlag
CHF 39.-
ISBN 978-3-7272-1269-7

Leseprobe

Das erste Treffen hatte fünfzehn Jahre zuvor stattgefunden. Zwei Monate später im Jahr. Am Freitag, dem 13. August 1993.
Nicht zufällig in einer anderen Landesgegend. Nicht in den Bergen. Nicht in den Alpen. Sondern in flacheren Gefilden.
An einem Ort, der mir seit meiner Jugend vertraut war. Den ich damals oft und auch später immer wieder aufgesucht hatte.
Es war eine Insel auf einer Insel sozusagen.
Die St. Petersinsel im Bielersee. Im Schweizer Seeland. Dem Land der drei Seen am Südfuss des Schweizer Juras. Auch bekannt als Rousseau-lnsel.
Ein Ort, der gleichzeitig seine natürliche Schönheit bewahrt und eine weiterführende geistesgeschichtliche Bedeutung hatte. Ein geographisch und historisch mit einer besonderen Bedeutung besetzter und im Bewusstsein der Menschheit verankerter Raum somit, der für das Wesentliche unserer Treffen stand. Für alle weiteren Treffen wegweisend sein sollte.
Eine Insel der Erinnerung.
ln einem Land, das eine Insel war.
Eine Insel in Europa.
Eine Insel in der Weit.
Eine Insel im Universum.
Die Idee zu den Treffen, den Zusammenkünften einer besonderen Art, hatte ich ein Jahr zuvor gehabt.
Im dritten Jahr nach der sogenannten Wende, mit der die Spaltung der Welt einmal mehr vermeintlich aufgehoben worden war. Neunzehnhundertzweiundneunzig.
ln Zahlen: 1992.
Herausgefordert durch die Absurdität der Behauptung des US-amerikanischen Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama vom Ende der Geschichte, das mit dem Zusammenbruch der UdSSR und der von ihr abhängigen sozialistischen Staaten erreicht worden sei.
Eingeleitet durch den Fall der Berliner Mauer 1989.
Im zweihundertsten Jahr nach dem Beginn der Französischen Revolution.
Das behauptete Ende hatte mich gereizt, etwas dagegenzusetzen. Und was hätte das anderes sein können als sein Gegenteil.
Und was konnte das Gegenteil eines Endes anderes sein als ein Anfang.
Ein Anfang also.
Aber ein Anfang von was?
Der Anfang einer Geschichte.
Aber was für einer Geschichte?

E. Y. Meyer wurde 1946 in Liestal BL geboren. Nach dem Studium der Literatur, der Geschichte und der Philosophie war er als Lehrer tätig. Seit 1974 lebt und arbeitet E. Y. Meyer als freier Schriftsteller in Bern. Längere Aufenthalte in New York, Paris, London gehören ebenso zu seinem Leben wie seine Auszeichnungen: der Preis der Schweizerischen Schillerstiftung, der Gerhart-Hauptmann-Preis und der Buchpreis des Kantons Bern.

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