Eine spannende Reise in die Welt der Sprache

koethenWarum „Dörrleiche“ und „Krautbeschreiber“ nicht in den Wörterbüchern stehen.

Köthen (ak) Hätten Sie gewusst, dass wir heute so gebräuchliche Wörter wie Leidenschaft, Abstand oder Anschrift einem Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft zu verdanken haben? Philipp von Zesen, 1619 in Priorau bei Dessau geboren, verbrachte mehrere Jahre als Gesellschafter am Hof des Fürsten Johann Kasimir von Anhalt-Dessau. Bei einem seiner Besucher am Köthener Hof wurde er Mitglied der Gesellschaft, die es sich unter anderem zum Ziel gesetzt hatte, der deutschen Sprache gegenüber dem damals in den höheren Kreisen vorherrschenden Latein und Französisch in Wort und Schrift zu mehr Bedeutung zu verhelfen.   Als Übersetzer, Verleger, Dichter und Schriftsteller schuf Philipp von Zesen, der in den Köthener Gesellschaftsbüchern als der Wohlsetzende geführt wurde, zahlreiche neue Wortschöpfungen, für die es damals nur Fremdwörter gab, so zum Beispiel Ausflug für Exkursion oder Glaubensbekenntnis für Credo. Mit anderen Wortkreationen konnte sich der Sprachpurist allerdings nicht durchsetzen. So haben es Krautbeschreiber für Botaniker oder Dörrleiche für Mumie nicht in die Wörterbücher geschafft.

Wer tiefer in die wunderbare Welt der deutschen Sprache, ihre Ursprünge, ihre Stellung in der Welt und ihre großen Väter wie Eike von Repgow, Martin Luther oder Johann Wolfgang von Goethe erfahren möchte, ist in der Erlebniswelt „Deutsche Sprache“ im Köthener Schloss genau richtig.

Auch wenn man es angesichts der schlechten Aussprache, die den Köthenern nachgesagt wird, kaum glauben mag; die ehemalige Residenzstadt war und ist prägend für die deutsche Sprache. Schließlich wurde hier im Jahr 1617 von Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen die erste deutsche Sprachgesellschaft, die Fruchtbringende Gesellschaft, gegründet, die in ihrer Blütezeit mehr als 800 Schöngeister als Mitglieder zählte.
Heute ist es die Neue Fruchtbringende Gesellschaft, die von Köthen aus mit zahlreichen Veranstaltungen zur Pflege der deutschen Sprache, Sprachwerkstätten oder dem gerade erst erfolgreich beendeten Schreibwettbewerb neue Impulse gibt.

Die Erlebniswelt ist ein Projekt der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft, das seit seiner Eröffnung im April die unterschiedlichsten Arten von Besuchern begeistert. „Wir haben Schulklassen, die  hier mit Begeisterung Deutschunterricht erleben, aber auch  den klassischen Bildungstouristen und Familien“, erzählt Prof. Dr. Uta Seewald-Heeg, Vorsitzende der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft.

Selbst wer sich nicht unbedingt zu den Bücherwürmern zählt, hat in der Erlebniswelt garantiert keine Langeweile. Man kann sich dem Thema sowohl spielerisch nähern oder interaktiv auf „Sprachreise“ gehen. Multimediale Animationen, Projektionen und Tonwiedergaben ermöglichen es zum Beispiel, dass man hört, wie unsere Vorfahren gesprochen haben. Das Althochdeutsche aus den Jahren 750 bis 1050 hat rein akustisch sehr wenig mit der späteren Sächsischen Kanzleisprache, die vor allem für den Schriftverkehr genutzt wurde, zu tun.
Wer durch die Erlebniswelt geht, erfährt Interessantes und teilweise Phänomenales über den Wortschatz der deutschen Sprache. So zum Beispiel, woher das Wort „Deutsch“ kommt und wie aus Sumpfstadt Berlin bzw. aus Hochufer Hannover wurde. Außerdem kann man ausgewanderte Wörter in der Ausstellung entdecken. Während man in Russland ein Butterbrot kennt, haben es Wörter wie Kindergarten, Autobahn, Bratwurst und Sauerkraut sogar über den großen Teich bis nach Amerika geschafft. Auf dem asiatischen Kontinent ist das Schiebedach gelandet.
Ein 20minütiger Film mit Ausschnitten aus dem Ge­­sprächskonzert, das 2012 in Köthen Premiere hatte, rundet den Besuch der Erlebniswelt ab.
„In unserer Erlebniswelt finden Sie 1000 Gründe für die deutsche Sprache. Und wir sind noch lange nicht am Ende. So soll das Thema Schrift demnächst noch erweitert werden“, so Uta Seewald-Heeg.

Hintergrund

Die mehr als 1200 Jahre alte deutsche Sprache ist heute mit rund 100 Million Sprechern die meistgesprochene Muttersprache in Europa. Als Amtssprache gilt Deutsch in sieben Staaten und in der Europäischen Union.

Öffnungszeiten

Die Erlebniswelt „Deutsche Sprache“ im Schloss Köthen ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Führungen sind nach Voranmeldung (Köthen-Information, Tel. 03496 70099260) möglich. 

”Wochenspiegel” vom 12. Sept. 2013
http://www.wochenspiegel-web.de/…Eine_spannende_Reise_in_die_Welt_der_Sprache

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