Neues Forschungsvorhaben untersucht den Schreibgebrauch im Deutschen

Die Untersuchung von Rechtschreibgewohnheiten und von aktuellen Entwicklungen in Wortschatz und Schreibkultur in der deutschen Sprache ist Gegenstand eines neuen Forschungsvorhabens, an dem die Universität des Saarlandes beteiligt ist. Bis Februar 2016 fließen dafür rund 320.000 Euro an den Lehrstuhl für Computerlinguistik von Prof. Manfred Pinkal. Seine Arbeitsgruppe will neue sprachtechnologische Methoden für die Analyse von Texten entwickeln.

Wie entwickelt sich die Schreibung im Deutschen, inwiefern werden Rechtschreibregelungen akzeptiert, und welche Rechtschreibfehler werden am häufigsten gemacht? Das sind einige der Fragen, die ein neues Verbundprojekt beantworten will, an dem auch die Universität des Saarlandes beteiligt ist. Die Gesamtkoordination liegt beim Institut für Deutsche Sprache.

Nach der Rechtschreibreform sind eine Reihe von Regelungen sofort in den Sprachgebrauch integriert worden, beispielsweise Doppel-s nach kurzem Vokal wie in „Kuss“. Andere Regeln wurden nur zögerlich angenommen. In bestimmten Fällen hat die Reform auch zur Verunsicherung geführt, etwa bei der Neuregelung der Getrennt- und Zusammenschreibung. Welche Regeln angenommen werden und wie die Sprache genau benutzt wird, wollen die Partner im neuen Verbundprojekt untersuchen. Dazu werden riesige Textarchive, sogenannte Textkorpora, ausgewertet. In ihnen sind die Texte aus Zeitungen und Zeitschriften gespeichert, und täglich kommen etwa eine Million neue Wörter hinzu.

Manfred Pinkal, Professor für Computerlinguistik an der Saar-Universität, fällt die Aufgabe zu, computerlinguistische Werkzeuge für die Auswertung dieser Textarchive zu entwickeln, die auf die kontinuierliche Schreibbeobachtung zugeschnitten sind. Beispielsweise kommt das Wort „recht“ oder „Recht“ häufig vor und wird in einigen Fällen groß und in anderen klein geschrieben.

Interessant für die Entwicklung der Schreibung sind aber nicht die Verwendungen, in denen es als normales Substantiv auftritt („das ist mein gutes Recht“) oder als Adverb gebraucht wird („das ist recht interessant“), sondern Formulierungen wie „da hat er recht/Recht“. Hierzu entwickeln Pinkal und sein Team Verfahren, die bei der Textanalyse automatisch die Wortart bestimmen, variierte Wortformen auf ihre Grundform zurückführen und für die Unterscheidung von Wortbedeutungen Informationen aus dem Kontext nutzen. „Wir wollen geeignete Instrumentarien schaffen, um den Schreibgebrauch im deutschsprachigen Raum systematisch in seiner gesamten gesellschaftlichen Varianz verfolgen zu können“, erläutert Pinkal.

Neben den Texten sogenannter professioneller Schreiber soll aber auch der Schreibgebrauch von Schülern und von Internet-Nutzern beobachtet werden. „Beim Internet sind wir ganz nah am aktuellen Sprachgebrauch – es ist ein regelrechtes Labor für die Weiterentwicklung der Rechtschreibung“, freut sich Professor Pinkal. Seine Arbeitsgruppe will Grammatik und Wortarten aller Textsorten im Netz, von E-Mails über Twitter bis zu Diskussionsforen, unter die Lupe nehmen. Die Herausforderung für die Saarbrücker Wissenschaftler besteht darin, die vorhandenen Werkzeuge, die für korrekte standardsprachliche Texte entwickelt wurden, an die neuen Nicht-Standard-Texte anzupassen.

Die neuen Methoden wollen die Verlagspartner zur Schreibbeobachtung einsetzen. Deren Ergebnisse gehen an den Rat für deutsche Rechtschreibung, der die Entwicklung der Rechtschreibung in Deutschland, der Schweiz und Österreich verfolgt und Vorschläge für die weitere Anpassung der deutschen Orthografie macht.

Kontakt: Prof. Dr. Manfred Pinkal E-Mail: pinkal@coli.uni-sb.de
www.coli.uni-saarland.de

Quellle: Informationsdienst Wissenschaft vom 13. Juni 2013 http://idw-online.de/

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