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Stellenausschreibungen

Es muss nicht immer Englisch sein

Englische Berufsbezeichnungen verwirren Jobinteressierte mitunter. Unternehmen, die sich in ihren Anzeigen klar ausdrücken, haben bessere Chancen, geeignete Bewerber auf sich aufmerksam zu machen.

Regulatory Affairs Support, Young Customer Service Professional, Assistent Administration Services: Wie bitte? Englische Berufsbezeichnungen sind nicht nur umständlich auszusprechen. Sie lassen den Betrachter auch häufig darüber rätseln, was sich hinter ihnen eigentlich verbirgt. Mitunter kommen die Zungenbrecher Unternehmen sogar teuer zu stehen. Dann nämlich, wenn sich potenzielle Bewerber durch die Titel in Stellenausschreibungen abschrecken lassen und gar nicht erst bei der Personalabteilung vorstellig werden.

„Mit englischen Titeln versuchen Firmen, sich eine internationale Note zu geben“, sagt Reiner Pogarell vom IFB Institut für Betriebslinguistik in Paderborn. „Doch eigentlich ist das Quatsch.“ Zum einen seien große Firmen schon immer international tätig gewesen. Zum anderen sei manche Jobbeschreibung alles andere als international. „Facility Manager“ zum Beispiel ist ein ungeeigneter Titel, denn im Englischen gibt es das Wort gar nicht, erklärt der Sprachwissenschaftler. „Hausmeister“ heißt dort Caretaker und nicht Facility Manager. Auch aus einem anderen Grund sollten Firmen auf das Fantasiewort besser verzichten: Stellenanzeigen für Facility Manager führen regelmäßig dazu, dass sich kein einziger Hauswart bewirbt, hat Pogarell beobachtet. Schließlich würden diese gezielt nach dem Begriff Hausmeister suchen.

Jugend reagiert allergisch

Auch beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn weiß man, dass englische Begriffe eine abschreckende Wirkung haben können. Die meisten Berufswähler in Deutschland mögen keine verenglischten Bezeichnungen wie zum Beispiel Sales Manager anstelle von Verkaufsleiter, sagt Joachim Gerd Ulrich. Das hat eine Studiedie aus dem Jahr 2004 ans Licht gebracht. Die Jugendlichen reagieren allergisch, wenn sie das Gefühl haben, mit aufgemotzten und hochtrabenden Berufsbezeichnungen hinters Licht geführt zu werden, so der Bildungsexperte. Ihnen erscheinen dann die Berufsbezeichnungen wie die Mogelpackungen zweitklassiger Produkte: Produkte, die lediglich in blendende Hochglanzfolie eingewickelt wurden.

Eigentlich hatte man beim BIBB vermutet, dass englische Bezeichnungen bei den Jugendlichen besonders gut ankommen. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Der Grund: Bei der Ausbildungsplatzsuche fühlen sich Mädchen und Jungen durch englische Titel sprachlich verunsichert. Dabei haben sie aber ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit – schließlich sind sie schon beunruhigt genug. Sie fragen sich, ob sie überhaupt eine Lehrstelle bekommen und ob sie gut genug sind, erklärt Ulrich.

Nicht alle englischen Bezeichnungen sind jedoch sinnlos, wie das Beispiel des Controllers zeigt. „Der Beruf hieß früher Revisor“, sagt Betriebslinguist Pogarell, „der hat Zahlen beobachtet und auf Lücken geachtet, war also ein Zahlenberichterstatter.“ Heutzutage berichtet ein Controller aber nicht nur über Zahlen. Die Aufgaben sind weitaus komplexer geworden, und eine deutsche Bezeichnung gibt es für das neue Berufsbild noch nicht.

Und noch etwas spricht für den modernen Titel: „Wer Controller wird, weiß in der Regel, was er wird“, so der Linguist. Im Gegensatz dazu sieht der Fachmann jedoch keinen Grund, warum jemand Key Accounter auf seiner Visitenkarte stehen haben sollte. Kundenbetreuer sei schließlich das geeignete Wort.

In den Jahren 2000 und 2001 wurden die englischen Titel nahezu inflationär verwendet. Mittlerweile ist die Entwicklung rückläufig, hat der Sprachwissenschaftler herausgefunden. Häufig weisen die Leute die Titel selbst zurück und stellen sich anstatt mit Customer Care Manager als Kundenbetreuer vor. In seinen Seminaren spielen die englischen Jobbezeichnungen ständig eine Rolle. Ich stoße auf hundert Prozent Ablehnung, sagt er, sogar wenn die Leute selbst für die Titel verantwortlich sind, schieben sie die Entscheidung auf andere Zwänge ab.

Auch im Internet diskutiert man fleißig über das Thema. Mein Job schimpft sich Department Manager, was nichts anderes ist als Abteilungsleiter, mokiert sich ein Teilnehmer eines Online-Forums. Ein anderer setzt noch einen obendrauf: „Dieses ganze engineering und managing und directoring geht mir auf“n Keks.“ Ein weiterer stimmt zu, findet sogar noch eine Antwort darauf, warum sich die englischen Bezeichnungen möglicherweise so wacker halten: „Es macht sich gut auf der Visitenkarte“, findet er.

Mandy Kunstmann, Schwäbische Zeitung vom 17.Oktober 2009 (vom skd leicht bearbeitet)

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