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Warum soll man Deutsch lernen?

Wirtschaftliche Gründe für die deutsche Sprache

„Wenn man Franzosen heute fragt, warum man Französisch lernen soll, fallen sehr schnell Personennamen wir Gide und Claudel. Die Italiener zögern kaum, auf die entsprechende Frage mit dem Namen Dante zu reagieren. Auch verschiedene Opernlibrettiverfasser werden gern genannt. Den Deutschen fällt bei dieser Frage neben Goethe und Schiller gleich die ganze Familie Mann sowie der noch lebende und rauchende Grass ein. Aber – natürlich – auch Dürrenmatt und Frisch. Die Griechen sprudeln gleich ein halbes Dutzend Namen hervor. Schriftsteller und Philosophen, von denen der jüngste etwa 2000 Jahre alt sein dürfte.

Es scheint jedenfalls so, als ob die jeweiligen Sprachgemeinschaften den kommunikativen Wert ihrer Sprache ganz eng mit den kulturellen Errungenschaften verbinden, die in dieser Sprache entstanden sind. Diese Haltung ist zunächst einmal verständlich.

Es gibt jedoch auch andere Herangehensweisen. Aus Russland hört man seit einigen Jahren ganz neue Töne. Nicht Tolstoi oder Gorki werden namentlich aufgeführt, sondern ein ganz anderes Argument wird ungerührt vorgetragen:

Wenn Ihr mit uns Handel betreiben wollt, müsst Ihr auch Russisch lernen.

Herr Putin und Frau Putina sind und waren es ganz besonders, die diese These vertreten. Beide können ganz hervorragend gut Deutsch sprechen, doch beide wird man so gut wie nie vor einer Kamera etwas anders als Russisch sprechen hören. Seht her, so lautet die Botschaft, das ist unsere Sprache, wenn Ihr etwas von uns wollt, dann sprecht Russisch.

Der Wirtschaftspolitiker und der Industriekapitän können nun überlegen, ob sie tatsächlich mit Russland Handel betreiben wollen. Ihnen fallen verschiedene, nicht so poetische Wörter ein: Absatzmarkt, Erdgasvorkommen, Erdölvorkommen, Metalle, Holz. 143 Millionen potenzielle Käufer. Für rund 266 Milliarden Dollar importieren die Russen Waren aus dem Ausland, aber sie exportieren weit mehr als das Doppelte. Russland ist reich.

Und deshalb haben die Russischabteilungen der Universitäten wieder Zulauf, deshalb bieten große deutsche Unternehmen erstmals nach zwanzig Jahren wieder interne Russischschulungen an. Nach starken Rückgängen nimmt die Zahl der Schüler, die Russisch lernen, wieder zu.

Fragte man nun einen Vertreter der englischen Sprachwelt, warum man denn Englisch lernen sollte, so stieße die Frage zunächst auf tiefes Unverständnis. Weder Shakespeare noch Hemingway spielten bei einer Antwort irgendeine Rolle. Warum man Englisch lernen soll? Weil man es braucht! Englisch braucht man einfach. Englisch muss nicht schön sein, Englisch braucht keine große Literatur repräsentieren, Englisch muss funktionieren. Man lernt Englisch, weil man einen Vorteil davon hat.

Mit Englischfertigkeiten kann man in zahlreichen wichtigen und weniger wichtigen Ländern der Erde arbeiten und Geld verdienen. Das ist der Vorteil des Englischen.

Mögen Franzosen, Griechen, Deutsche und Italiener stolz auf ihre alte Kultur sein, ihre Sprachen können sie einpacken. Die braucht man nicht mehr.

Braucht man sie nicht mehr? Das ist die entscheidende Frage.

Russisch, wir haben es gehört, scheint man wieder etwas mehr zu brauchen. Chinesisch könnte bald vermehrt gebraucht werden. Nicht, weil wir so begeistert von der chinesischen Literatur sind, sondern weil uns die chinesische Wirtschaft so beeindruckt. In amerikanischen Elitefamilien gehört Chinesischunterricht absolut zum guten Ton, in Deutschland bekommen studierte Sinologen endlich eine richtige Arbeit und müssen nicht mehr Taxi fahren.

Erinnern wir uns an die russischen Zahlen.

Russland kauft für 266 Milliarden Dollar, verkauft für 468 Milliarden. Deshalb ist Russisch wichtig.

China gar kauft für 1.133 Milliarden Dollar und exportiert für 1.429 Milliarden. Deshalb ist Chinesisch so stark im Kommen.

Und jetzt kommt Deutschland: Deutschland importiert für 818 Milliarden und exportiert für 994 Milliarden, aber nicht Dollar, sondern Euro. Das heißt umgerechnet an Import 1.199 Milliarden Dollar und an Export 1.457 Milliarden.

Damit sollte sich die Frage, ob man Deutsch denn so unbedingt braucht, eigentlich erledigt haben, wenn nicht, ja wenn nicht so einige deutsche Erscheinungen einen gegenteiligen Eindruck machten.

Erinnern wir uns an den stets Russisch sprechenden Putin. Nur ungern mag man sich an die peinlichen Auftritte des englischtümelnden deutschen Außenministers Fischer erinnern. Der Ministerpräsident des größten deutschen Bundeslandes NRW überlegte eine Weile laut, Englisch als zweite Landessprache einzuführen. Und dann natürlich das unbegreifliche Phänomen Denglisch.

Wo immer sich vielen Deutschen die Gelegenheit bietet, geben sie sich so englisch wie irgendwie möglich. Wenn ein Ausländer durch eine deutsche Fußgängerzone geht, wird er Englisch für die Sprache halten, die ihm den größten kommunikativen Erfolg garantiert.

In manchen deutschen Konzernen wird der Gast im Empfangsbereich kein einziges deutsches Wort mehr finden. Er wird in die Abteilung „Customer Care“ geleitet, wo ihm sein Ansprechpartner eine Visitenkarte überreicht, die ihn als „Manager Customer Service“ auszeichnet. Selbst wenn der Besucher über leidliche Deutschkenntnisse verfügt, wird er lieber auf seine Englischfertigkeiten zurückgreifen, denn die scheinen absolut angemessen.

Ein Irrtum, ein sehr großer und meist teurer Irrtum.

Schauen wir uns einmal an, mit welchen Ländern Deutschland einen Handelsüberschuss erwirtschaftet.

Neben Frankreich sind die besten Geldbringer der Bundesrepublik die USA, Großbritannien, Österreich und die Schweiz. Die Amerikaner verlieren im Schnitt rund 30 Milliarden Euro jedes Jahr an Deutschland. Das ist sehr viel Geld.

Leicht nachvollziehbar sind die deutschen Erfolge in den deutschsprachigen Nachbarländern. Für den deutschen Verkäufer sind diese Staaten sprachlich gesehen kein Ausland. So kann sich die größere deutsche Wirtschaftskraft also voll entfalten. Die Deutschen produzieren Autos, die Schweizer Kräuterbonbons. Man muss viele Kräuterbonbons verkaufen, um ein Auto kaufen zu können.

Doch brauchen sich beide Länder nicht grämen. Die deutschen Urlauber bringen den Handelsüberschuss wieder zurück.

Im Verhältnis zu den englischsprachigen Staaten jedoch ergibt sich eine spannende Situation. Die Deutschen sprechen zwar nicht besonders gut Englisch, aber wesentlich besser als die Amerikaner Deutsch. Es stehen sich zwei Handelspartner gegenüber. Der deutsche Partner hat einen sehr großen Teil seines schulischen Lebens mit Englischstunden verbracht. Er hört, wenn er das Radio einschaltet, englischsprachige Schlager. Wenn er beruflich in die Staaten reist, weiß er, dass er in ein englischsprachiges Land fährt. Er wird sich intensiv auf diese Reise vorbereiten und einen Sprachkurs bei der Volkshochschule belegen. Niemals führe er in die USA ohne zumindest akzeptable Sprachkenntnisse.

Anders der amerikanische Partner. Er spricht mit hoher Wahrscheinlichkeit kein oder kaum Deutsch, seine Kenntnisse über Deutschland beschränken sich auf Stereotypen, in denen die Nazizeit, Schloss Neuschwanstein, Bier, BMW, Mercedes und Wurst eine große Rolle spielen. Er war schon mehrmals in Deutschland, musste aber kein Wort Deutsch sprechen, wenn man von „Danke“ und „Guten Tag“ einmal absieht. Die Deutschen erlebte er sprachlich als absolut unterwürfig, alle dienten sich mit ihren mitunter gotterbärmlichen Englischkenntnissen an. Jeder matte Versuch, einige Brocken Deutsch loszuwerden, wurde mit einem englischen Wortschwall beantwortet. Diese Erfahrung hat er überall im Ausland gemacht – er kommt in Mexiko, China und Deutschland gut zurecht, ohne ein Wort der Landessprache zu sprechen. Warum soll er sich irgendwelche Mühe geben, eine fremde Sprache zu erlernen?

Ohne es zu merken, befindet sich der Amerikaner in einer schlechten Verhandlungsposition. Denn wie soll man sonst eine Situation nennen, in der das Gegenüber alles über mich weiß und meine Sprache beherrscht, ich selbst weiß und kann aber nichts?

Der Amerikaner ist einem Irrtum erlegen, dem auch viele andere Ausländer unterliegen. Sie gehen davon aus, dass Englisch eine akzeptierte, beliebte und allgemein beherrschte Sprache in Deutschland ist. Kein Deutscher klärt sie darüber auf, dass diese Meinung ein Irrtum ist.

Die Wahrheit ist, dass in Deutschland ohne zumindest minimale Deutschfertigkeiten kein gutes Geschäft zu machen ist. Es gibt für diese Aussage zahlreiche Beispiele. Ein ganz wunderschönes Beispiel ist das Scheitern des Handelsgiganten Wal-Mart.

Wal-Mart ist das größte oder zweitgrößte Unternehmen der Welt mit über 1,3 Millionen Mitarbeitern. Täglich besuchen 100 Millionen Kunden eine Filiale dieser Kette. Dagegen wirken alle europäischen Konkurrenten wie Zwerge.

1995 beschloss dieser Gigant, den deutschen Markt zu erobern, die Platzhirsche Aldi und Lidl hatten berechtigten Grund zum Zittern. 2006 gab Wal-Mart auf und zog sich mit riesigen Verlusten vollständig vom drittstärksten Markt der Welt zurück.

Was war passiert? Für seinen großen Eroberungsfeldzug hatte das amerikanische Mutterunternehmen eine deutsche Tochtergesellschaft gegründet, die „Wal-Mart Germany GmbH“. Zum ersten Vorstandsvorsitzenden ernannte man den Amerikaner Rob Tiarks, der weder ein Wort Deutsch sprach noch den Willen hatte, ein Wort dieser Sprache zu erlernen. Folgerichtig gehörte zu seinen wesentlichen Maßnahmen, Englisch als Unternehmenssprache (Managerebene) einzuführen. Sonst hätte er die Firma ja gar nicht leiten können.

Irgend etwas scheint nicht funktioniert zu haben, denn einige Monate später wurde der Amerikaner durch einen Europäer ersetzt. Man wählte den Engländer Allan Leighton, der ebenfalls kein Wort der deutschen Sprache beherrschte. Auch gedachte er nicht, irgendwelche Kapazitäten in den Spracherwerb zu investieren. Zudem wollte er sich nicht unnötig lange der deutschsprachigen Umgebung aussetzen und führte das deutsche Unternehmen von Großbritannien aus.

Nicht nur sprachlich setzten die beiden Angehörigen der englischen Sprachwelt deutliche Markierungen. Viele Riten und Regeln des amerikanischen Unternehmens wurden auch in Deutschland eingeführt. An der Tür oder schon auf dem Parkplatz wurden die Kunden von einem „Greeter“ begrüßt, innerhalb der Läden galt die „ten-foot-rule“, das heißt, jeder Kunde, der sich einem Mitarbeiter auf drei Meter näherte, wurde angesprochen und gefragt, ob man etwas für ihn tun dürfe.

Im ersten Schritt brachte die Unternehmenssprache Englisch viele bewährte Führungskräfte dazu, das Unternehmen zu verlassen. Sie wollten oder konnten ihren Arbeitsalltag nicht in englischer Sprache gestalten. Bevorzugt gingen natürlich diejenigen, die sich auf dem Arbeitsmarkt reale Chancen ausrechnen konnten. Und das waren nicht die schlechtesten Führungskräfte.

Es blieben diejenigen Führungskräfte, die auf dem Arbeitsmarkt keine Perspektive für sich sahen. Diese zogen sich innerbetrieblich so weit wie möglich zurück und nahmen nur insoweit an der Kommunikation teil, wie es absolut unvermeidlich war.

Bald hatte Wal-Mart als Arbeitgeber einen schlechten Ruf. Personalagenturen gelang es kaum, deutsche Nachwuchskräfte zu akquirieren. Den Mangel an deutschen Führungskräften machte das Unternehmen durch den Import an amerikanischen Führungskräften wett. Das Managermagazin trug damals die Überschrift: „Inländer raus!“ Bald tummelten sich in den deutschen Läden reihenweise amerikanische Manager, die mit den deutschen oder auch nur europäischen Verhältnissen in keiner Weise vertraut waren.

Es entstand eine tiefe Kluft zwischen dem normalen Personal und der Managerebene. Beide Seiten sprachen ja nun keineswegs nur im übertragenen Sinne unterschiedliche Sprachen. Es gab keine Verständigungsbasis mehr. Notwendige Informationsflüsse unterblieben einfach. Das Miteinander konnte so nicht funktionieren.

Anscheinend war das amerikanische Management so von sich selbst überzeugt, dass man sich von den eindeutigen Zahlen erst nach acht Jahren überzeugen ließ. Der Versuch, in Deutschland ein Unternehmen ohne Deutsch- und Deutschlandkenntnisse zu führen scheiterte so grandios, dass die Fachpresse das Schlagwort „Management by ignorance“ prägte.

Der Sturz des Giganten Wal-Mat hatte bei anderen Unternehmen großen Eindruck hinterlassen. Manche Konzerne trennten sich von ihrem strengen Englischkurs, andere kehrten vollständig zur deutschen Konzernsprache zurück.

Der Stromriese RWE trennte sich weitgehend von denglischen Bezeichnungen, der noch größere Stromriese E.ON schaffte es sogar, eine Auszeichnung für seinen guten Umgang mit der deutschen Sprache zu erlangen. Porsche bestimmte erstmals ganz offiziell Deutsch zur alleinigen Konzernsprache und wurde dafür mit Lob überschüttet. Denglische Werbung ist bei den großen Unternehmen deutlich zurückgegangen. Selbst Post und Telekom bemühen sich, halbwegs verständliches Deutsch zu sprechen.

Ende September 2009 bestimmte eine weitere Nachricht den Wirtschaftsteil der Zeitungen: Der Chemieriese Bayer, der eine Weile dem Englischwahn verfallen war, stellt seine Konzernsprache wieder vollständig auf Deutsch um.

Der VDS zählt inzwischen 31.000 Mitglieder und ist damit der größte Sprachverein Europas. Fast alle seriösen Medien bemühen sich um gutes Deutsch, Denglisch ist ein Phänomen des Unterschichtsfernsehens, wobei natürlich mehr Menschen RTL 2 und Kabel 1 statt Arte und 3sat schauen.

Unternehmen, die noch vor wenigen Jahren ihre gesamte Kommunikation auf Englisch umgestellt hatten, weil sie ein kleines Werk in Tschechien und eine Vertretung in England besaßen, bitten nun ihre ausländischen Mitarbeiter zwar noch zaghaft, aber immerhin, gelegentlich einen Deutschkurs zu besuchen. Die aufstrebenden Mitarbeiter der ausländischen Filialen, die gelegentlich in Deutschland zu tun hatten, haben sich ein Lehrbuch besorgt und lernen Deutsch. Sie haben nämlich bemerkt, dass unter dem dicken denglischen Anstrich die deutsche Sprache recht frisch atmete.

Damit ist hier natürlich eine weitere Frage entstanden.

Wie ist es zu erklären, dass sich viele Menschen in Deutschland auf der einen Seite so gotterbärmlich denglisch geben, dass sich Amerikaner und Engländer angewidert abwenden? Wie kommt es, dass auf der anderen Seite, dass es ohne Deutsch in Deutschland offensichtlich nicht geht? Die Antwort gibt uns Burger King.

Besonders ungehemmt denglisch gaben sich in den vergangenen Jahren einige amerikanische Ketten, vorrangig die Fast Food Ketten McDonald und Burger King. McDonald wirbt in der Schweiz immer noch rein Englisch mit „I love it“, aber in Deutschland schon seit 2006 mit „Ich liebe es.“ Der Konkurrent Burger King ließ sich davon in keiner Weise beeindrucken und behandelte in seinen deutschen Filialen jedes deutsche Wort wie einen Schmutzfleck.

Burger Kings Slogan lautete bis vor ganz wenigen Wochen:

Have it your way.

Ich weiß nicht, ob eine Werbeagentur Geld für dieses Stück Lyrik bekommen hat, oder ob der Slogan das Ergebnis eines Kneipenwettbewerbs war, jedenfalls wurde er einer Kundenbefragung unterworfen. Und diese brachte zwei Ergebnisse, von denen einerseits Burger King und anderseits wir profitieren.

Burger King profitierte von dem Ergebnis, dass nur gut 50% der Kunden den Slogan gut fanden. Das war zwar eine knappe Mehrheit, aber von einem Slogan hatte man schon eine höhere Zustimmungsquote erwartet. Daher heißt der neue Spruch nun:

Geschmack ist King.

Zwei von drei Wörtern sind deutschsprachig. Nicht schlecht.

Interessanter für uns ist aber das zweite Ergebnis. Mehr als fünfzig Prozent der Kunden fanden den Slogan gut. Aber 23% haben ihn richtig verstanden, konnten ihn halbwegs genau übersetzen.

Das ist ein sehr, sehr aufschlussreiches Ergebnis.

Die Menschen, die sich bevorzugt von denglischer Werbung ansprechen lassen, sprechen kein Englisch. Ihnen genügt der Hauch der großen weiten Welt, der sich ihrem normalen Leben entzieht. Das klingt irgendwie modern, irgendwie very international. Die Besucher von Burger King finden den Spruch nicht deshalb gut, weil ihnen die kleine Wortspielerei gefiel, sondern weil das irgendwie englisch klang. Sie können gar kein Englisch, jedenfalls 77% nicht. Der Spruch hätte auch „Have a nice day“ oder „To be or not to be“ lauten können, ganz egal, nur irgendwie englisch.

So, nun haben wir den Teil der Bevölkerung, der Denglisch ersprießlich findet, aber kein Englisch kann. Tritt man auf ihn in der Sprache der Wall Street zu, scheitert jede ernsthafte Kommunikation.

Dann haben wir einen anderen Teil der Bevölkerung, der höchstwahrscheinlich kein Problem mit dem Gebrauch der englischen Sprache hat, weil er über eine gute Schulbildung verfügt. Im VDS sind zum Beispiel über 500 Lehrstuhlinhaber vertreten, man darf deren Sprachfertigkeiten wohl voraussetzen.

Und damit sind wir doch wieder bei Goethe und Schiller, bei Frisch und Dürrematt.

Dieser Teil der Bevölkerung ist der festen Überzeugung, dass Deutsch eine sehr schöne und leistungsfähige Kultursprache ist. Dieser Teil der Bevölkerung weiß, dass Deutsch allen kommunikativen Aufgaben gewachsen ist, die man der Sprache stellt.

Dieser Bevölkerungsteil glaubt auch daran, dass man ein Kulturgut nicht sträflich vernachlässigen oder gar vorsätzlich schädigen darf. Im Gegenteil, man ist verpflichtet, für dessen Erhaltung Sorge zu tragen, sonst gilt man als Barbar.

Spricht man nun diese Menschen in englischer Sprache an, so entscheiden diese, ob eine englische Konversation angemessen und vorteilhaft ist. Solange man daran verdient, wird gerne Englisch gesprochen. Solange das nicht nötig ist, bleibt man bei der eigenen Sprache.

Ein sehr schönes Beispiel durften wir ebenfalls Ende September an zwei Tagen erleben, als unser mögliche neue Außenminister während einer Pressekonferenz eine in englischer Sprache gestellte Frage einfach verweigerte.

Somit scheitert jeder, der meint, die Wirtschaftsnation Deutschland anders als mit der deutschen Sprache erschließen zu können. Natürlich kann er mit denglischen Brocken Hamburger an das Prekariat verkaufen, aber schon für den Wareneinkauf, die Logistik, die Steuererklärung, das Gespräch mit den Kollegen braucht man Deutschkenntnisse.“

Von Reiner Pogarell

Vortrag gehalten an der Deutschen Schule Genf am 2. Oktober 2009 anlässlich des Deutschlehrertages der Westschweiz 2009

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