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Für die Reinheit der deutschen Sprache

Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts schufen die
Basis der späteren Blüte . Für viele beginnt der Aufschwung der deutschen Sprache und der
deutschen Nationalstaatsidee erst mit den Aufklärern und Romantikern
in der deutschen Literatur im 18. Jahrundert und politischen
Vordenkern wie Fichte um 1800 herum. Doch bereits späthumanistische
Strömungen des deutschen Adels, hauptsächlich Familienmitglieder der
ernestinischen Sachsen in Thüringen und der Anhaltiner, versuchten am
Anfang des 17. Jahrhunderts erstmals ernsthaft in der Fruchtbringenden
Gesellschaft (FG) die deutsche Sprache vom Niveau des Pöbels zu lösen
und deren Gebrauch auch an den Höfen durchzusetzen. Die staatliche
Einheit des kleinteiligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
sollte somit gefestigt werden.
Die FG bildete sozusagen auch ein protestantisches Gegengewicht zum
katholischen Kaiserhaus der Habsburger. Später entstanden auch in anderen
deutschen Regionen solche oft als Sprachgesellschaften bezeichneten
Vereinigungen. Die diversen Sprachgesellschaften fanden zu ihrer Zeit und
auch später eine eher zwiespältige Aufnahme. Man förderte in den
Sprachgesellschaften die Pflege der Reinheit der Sprache im Reden und
Schreiben (also Freiheit von Fremdwörtern, Mundartausdrücken und
grammatikalischen Fehlern) wie auch in der Dichtkunst. Von den dort
initiierten Eindeutschungen setzten sich einige erfolgreich durch, wie
zum Beispiel Tagebuch für Diarium, Nachwort für Epilog, Augenblick für
Moment, Jahrhundert für Säculum, Schaubühne für Theater oder Letzter
Wille für Testament.

Die Fruchtbringende Gesellschaft (spätestens ab 1648 auch
„Palmenorden“ genannt nach dem Bild der allseitig verwendbaren
Kokospalme) gründete sich am 24. August 1617 in Anhalt-Köthen als noch
lose Gemeinschaft. Anlaß der Gründung war ein Trauerfall. Herzogin
Dorothea Maria von Sachsen-Weimar, die Schwester von Fürst Ludwig von
Anhalt-Köthen, war beim Reiten tödlich verunglückt. Auf Anregung des
Hofmarschalls Kaspar von Teutleben, sowie des Herzogs Johann Ernst von
Sachsen-Weimar, enstand im Angedenken daran die Fruchbringende
Gesellschaft. Rein formell erfolgte die Gründung allerdings erst 1622.

Um den Mitgliedern Rückhalt zu bieten, sollte stets ein Fürst das Amt
des Oberhaupts innehaben, und so gelangte Fürst Ludwig als erster in
diese Position. Grundsätzlich stand die Mitgliedschaft jedem offen,
gleich ob adliger oder bürgerlicher Herkunft. Voraussetzung war ein
christliches Glaubensbekenntnis sowie die Beherrschung der deutschen
Sprache in Wort und Schrift. Vorbild war die 1582 in Florenz
gestiftete Accademia della Crusca, in die im Jahre 1600 das erste
Oberhaupt der Fruchtbringenden Gesellschaft aufgenommen worden war.
Ursprünglich ja eher ein Unternehmen des Adels, öffnete sich die
Fruchtbringende Gesellschaft doch bald auch verstärkt bekannten
bürgerlichen Gelehrten und Literaten, die ihr erst zu ihrem Ansehen
als einer weithin berühmten und in Literatenkreisen umworbenen
Autorität verhalfen.

Die bürgerlichen Mitglieder erhielten wie ihre erlauchten
Mitgesellschafter bei ihrer Aufnahme zumeist einen der Pflanzenwelt
entstammenden Gesellschaftsnamen, welcher die als unproduktiv
erachteten Standesunterschiede im persönlichen und brieflichen Verkehr
vergessen machen sollten. Fürst Ludwig, Gesellschaftsname „Der
Nährende“, warb in seiner Amtszeit, die 1650 mit seinem Tod endete,
527 Mitglieder. Das war weit mehr als die Hälfte der insgesamt 890
Mitglieder, die je in die FG aufgenommen wurden. Herzog Wilhelm IV.
von Sachsen-Weimar wurde 1651 zum Nachfolger des Fürsten Ludwig
gewählt. Die erste wissenschaftliche Abhandlung über die Gesellschaft
erschien erst gegen Ende ihres Bestehens. Sie wurde in Leipzig im
Jahre 1672 unter dem Titel „Disqvisitio Historica de societate
fructifera“ herausgebracht. Nach 1680 ist die Existenz des Ordens
allerdings nicht mehr bezeugt.

Über die Fruchtbringende Gesellschaft hinaus ebenfalls recht bedeutend
war die Deutschgesinnte Genossenschaft. Von Philipp von Zesen 1643 in
Hamburg gegründet, mit der Rose als Symbol und einer Gliederung in
Zünfte, die die Dauer einer jeweiligen Präsidentschaft repräsentieren
sollten. Auf eine 81 Mitglieder umfassende Rosenzunft, folgte 1669
eine Lilienzunft mit sieben Zunftsitzen zu je sieben Mitgliedern, ihr
stand Catharina Regina von Greiffenberg vor. Den Vorsitz einer
Nägleinzunft mit 25 Zunftgenossen hatte dagegen Ursula Hedwig von
Veltheim. In der letzten, einer Rautenzunft mit zwölf mal zwölf
Teilnehmern, waren bis 1705 noch 52 Zunftsitze besetzt.

Der Pegnesische Blumenorden muß in diesem Zusammenhang natürlich auch
genannt werden. Dieser Nürnberger Orden existiert bis auf den heutigen
Tag und kann nur recht bedingt zu den Sprachgesellschaften gerechnet
werden. Den Löblichen Hirten- und Blumenorden an der Pegnitz stiftete
1644/45 der auch für die übrigen Gesellschaften bedeutsame Georg
Philipp Harsdörffer zusammen mit Johann Klaj als einen literarischen
Verein, der sich in erster Linie der Pflege der Dichtkunst
verpflichtet wußte, jedoch durchaus auch Spracharbeit im Sinne der
Fruchtbringenden Gesellschaft betrieb.

Als Herausgeber von Büchern sind jedoch weder die FG noch andere
Sprachgesellschaften aufgetreten. Werke, die unter ihrem Einfluß
entstanden, erschienen immer unter dem Namen des Mitglieds oder unter
dem Pseudonym des Gesellschaftsnamens. Unumstritten ist aber, daß die
FG das literarische Schaffen und die Übersetzertätigkeit außerhalb
ihres Mitgliederkreises ankurbelte. Rund 200 Jahre vor dem ersten
Duden erschien 1666 in Halle „Die Deutsche Rechtschreibung“ von
Christian Gueintz. Dieses Werk könnte als Gemeinschaftsarbeit der
Mitglieder des Palmenordens angesehen werden, da das Manuskript unter
ihnen zur Korrektur kursierte. So galten die Sprachgesellschaften denn
auch lange Zeit als Ahnen des 1885 gegründeten Allgemeinen Deutschen
Sprachvereins, der sich in seinem Kampf gegen „Verwelschung und
Ausländerei“ dankbar auf sie berief. (Falk Hornuß in rbi-aktuell searchhalloween.com vom 6. Mai 2004)
Aus dem Infonetz VDS

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