Sprachenkluft bedroht Zugang zu Information
Englisch – die dominierende Sprache im Internet.
Da Englisch das Internet weiterhin als Lingua Franca dominiert, sind
zahlreiche Experten besorgt, die sprachliche und kulturelle Vielfalt im
Cyberspace könnte verloren gehen.Zudem wird befürchtet, die Sprache könnte die Menschheit in
„Informationsarme“ und „Informationsreiche“ spalten.
„Sprache ist der Hauptvektor für Kommunikationswissen und Traditionen“,
sagt Ydo Ayo, Experte bei der UNESCO, der UN-Organisation für Bildung,
Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, in Westafrika.
„Und die Fähigkeit, die eigene Sprache für Informations-Netzwerke wie das
Internet zu nutzen, ist ausschlaggebend dafür, in welchem Ausmass eine
Person an der Wissensgesellschaft teilhaben kann, betont er gegenüber
swissinfo.
Lingua Franca
Gemäss der Kommunikations-Beratungsgruppe, Global Reach, sind rund 262
Millionen oder 35,6% der weltweiten Internet-Nutzer englischsprachig.
Die zweitgrösste Sprachengruppe im Internet ist Chinesisch (12,2%),
gefolgt von Japanisch (9,5%), Spanisch (8%) und Deutsch (7%).
1999 machten die Englisch-Sprechenden im Online-Universum noch 54% aus.
Dies zeigt, dass andere Sprachengruppen am Aufholen sind.
Da aber fast 70% aller Inhalte im World Wide Web in Englisch sind, wird
von vielen bezweifelt, dass das Internet je ein echtes, vielsprachiges
Medium sein wird.
Klarer Vorteil
Optimisten wie Richard Watts, Professor für Linguistik an der Universität
Bern, sehen in der englischen Sprache keine Gegnerin einer kulturellen
oder sprachlichen Vielfalt.
Watts vertritt gar die Meinung, dass Leute, die nur Englisch sprechen,
langfristig die Verlierer sein werden, weil immer mehr Inhalte in anderen
Sprachen erhältlich sind.
„Das Netz bietet jenen, die zweisprachig sind und Englisch lesen können,
einen klaren Vorteil“, betont er gegenüber swissinfo.
„Mehrsprachige Personen haben Zugang zu Sites in der eigenen Sprache und
in Englisch, währenddem solche, die nur Englisch können, das nicht haben“,
fügt er an.
Abgehängt
Was aber ist mit all jenen Menschen in den Entwicklungsländern, die weder
Englisch sprechen noch Zugang zu den Informations- und
Kommunikations-Technologien (ICT) haben?
Die Entwicklung des lokalen Inhalts zu fördern sei wichtig, finden
Experten wie Ydo Ayo. Die ursprüngliche Informations-Sprache müsse dabei
jedoch kein Hindernis sein, solange sie übersetzt und den Bedürfnissen der
ländlichen Bevölkerung angepasst werde.
Wenn man jemandem ein Instrument in einer Sprache zur Verfügung stellt,
die er nicht versteht, kann er sein Leben nicht verbessern.
„Sprache sollte aber beim Zugang zu den neuen Technologien kein Hindernis
sein. Das heisst, die Instrumente müssen den Bedürfnissen der Nutzer
angepasst werden.“
All diese Befürchtungen kamen auch im Vorbereitungsprozess für den
Weltgipfel zur Informations-Gesellschaft zur Sprache. Die Delegierten
betonten, „die Sprachenvielfalt müsse sowohl bei den Technologien wie auch bei den Inhalten garantiert sein“.
http://www.swissinfo.org/sde/Swissinfo.html?siteSect=201&sid=4576054