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„Was gegenwärtig mit der deutschen Sprache geschieht,…“

Friedrich Nauman Stiftung vom 12. November 2008

http://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-617/_nr-29/_p-1/i.html

Tag der deutschen Sprache

Prof.Dr. Schmitz und Prof. Dr. Krämer

„Was gegenwärtig mit der deutschen Sprache geschieht, speziell die Verdrängung

durch das Englische aus immer mehr Bereichen unseres Lebens, ist mehr als nur

ein Pausenthema für Deutschlehrer. Es geht uns alle weit mehr als die meisten

glauben, auch die Wissenschaft und vor allem die Wirtschaft.“ Mit diesen

Worten eröffnete der Vorsitzenden des Vereins Deutsche Sprache e.V., Professor

Dr. Walter Krämer (Universität Dortmund), eine Veranstaltung der

Friedrich-Naumann-Stiftung zum „Tag der deutschen Sprache“ am vergangenen

Samstag im Goethehaus am Großen Hirschgraben in Frankfurt am Main.

In den Mittelpunkt seines Themas „“Deutsch oder Denglisch – die Sprache

Goethes und Schillers auf dem Weg zu einem regionalen Pidgin-Dialekt“ belegte

Krämer den von ihm beklagten Sprachverfall und die kulturelle Selbstaufgabe an

vielen, in ihrer Absurdität bestechenden Beispielen. Die deutsche Sprache

leide unter einer „extremen Illoyalität“ all derer, die das Deutsche zunehmend

mehr zu vermeiden suchten.

„Der moderne Modell-Germane joggt, jumpt, trekkt, walkt, skatet oder biket,

hat fun und feelings, moods und moments, sorrows und emotions und scheint vor

nichts auf der Welt solche Angst zu haben, als davor seine eigene Sprache zu

benutzen. – Deutsch zu sprechen ist vielen Deutschen heute ganz offensichtlich

lästig oder peinlich“, so der Träger des „Deutschen Sprachpreises“ Walter

Krämer.

Mit seiner Bilanz der „Anglizismenschwemme“ verband der Referent die

Überzeugung, dass durch diese „Pidginisierung“ nicht nur die Sprache, sondern

auch das Denken leidet. Sprache ist mehr als nur eine Benutzeroberfläche, die

unserem Gehirn ermöglicht, mit der Umwelt in Kontakt zu treten, sie ist ein

Katalysator, ein Motor des Denkens selbst. „Wer keine guten Sätze bauen kann,

der kann auch keine guten Computerprogramme und auch keine guten Autos bauen.“

Das Unternehmen Daimler Chrysler habe seit der Einführung von Englisch als

Konzernsprache über 20 Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Ähnlich

verlustreich sei es aus eben diesem Grund auch vielen anderen großen deutschen

Unternehmen mit ihren Engagements im Ausland gegangen. Ein Nicht-

Muttersprachler, der Englisch redet, sei dem Muttersprachler gegenüber immer

im Nachteil.

„In der Sprache BSE (Bad Simple Englisch) kann man weder klare noch innovative

Gedanken fassen. Indem wir uns diese moderne Billigsprache überstülpen lassen,

werden wir zu Sklaven einer angelsächsischen Denkweise und Weltansicht und

geben ohne Gegenleistung unsere eigenen komparativen Vorteile auf, die wir in

Deutschland immer noch besitzen“, sagte Krämer. der zugleich nachwies, dass

all dies vom Ausland als unwürdiger Anbiederungsversuch und Selbstverleugnung

werde.

In seinem Referat „Sprache in modernen Medien“ sah der Germanist, Linguist und

Sprachdidaktiker, Prof. Dr. Ulrich Schmitz (Universität Duisburg-Essen) nicht

so sehr diese auffälligen und manchmal als anstößig empfundenen Merkmale des

sprachlichen Ausdrucks, wie die Anglizismen als tiefen Eingriff in das

sprachliche System, als vielmehr grammatische Tendenzen.

Anhand zahlreicher Beispiele aus Presse, Fernsehen und Internet plädierte er

dafür, die historischen Bedingungen und deren Folgen zu erkennen und zu

verstehen und warb für eine umfassende Sorgfalt im Umgang mit Sprache.

Ein jahrtausendelanger Sprachwandelprozess gehe heute einher mit parallelen

Vorgängen auf der kognitiven und medialen Ebene. Traditionelle Textstrukturen

in großen Einheiten würden zunehmend abgelöst von Informationspräsentation in

kleinen Modulen. Beispiele dafür seien etwa die Titelseiten von

Online-Tageszeitungen, wobei sich dies tendenziell davor schon in klassischen

Zeitungen und Zeitschriften angekündigt habe.

Identität und Wandel der deutschen Sprache stehen in einem

Spannungsverhältnis, das hauptsächlich den jeweiligen

Kommunikationsbedürfnissen der Sprachnutzer unterworfen ist, sagte Schmitz. Im

großen Maßstab sei dies vor allem eine noch immer beschleunigt wachsende und

von den Medien getragene Kommunikationsdichte.

Schrift und Bild werden intensiver miteinander verknüpft, Grammatik werde

teilweise vom Design überlagert.

Sprachpflege heute hat erheblich umfangreichere und anspruchsvollere Aufgaben

als früher, betonte Schmitz. Es wäre fatal, wenn bewusster Umgang mit

sprachlichen Mitteln sich nur auf Rechtschreibung und Anglizismen

konzentrierte.

Für den Verein Deutsche Sprache e.V. verwies deren Sprecher Hans-Dieter Dey in

dieser mit weit über hundert Gästen gut besuchten Kooperationsveranstaltung

auf die eindrucksvolle Zahl von weltweit 25.000 Mitgliedern dieser „größten

Bürgerinitiative“.

Der „Tag der deutschen Sprache“ wurde von seinem Verein ins Leben gerufen, um

das Bewusstsein für die Schönheit und Ausdruckskraft der deutschen Sprache zu

stärken.

Marianne Wagner Regionalbüro Wiesbaden

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